Karl Pfeifer: Zweierlei Maß der ungarischen Medienbehörde

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Die EU-Präsidentschaft Ungarns ging am 30. Juni zu Ende und damit auch die Schonzeit für die Medien. Die Medienbehörde (NMHH) hat Anfang Juli ein Verfahren gegen die Online-Ausgabe der links-liberalen Budapester Tageszeitung Népszava eingeleitet. Jenö Bodonovich, Beauftragter für Medien- und Nachrichtenverbreitung, tat dies, nach dem sich Kommunikationsstaatssekretär Zoltán Kovács, der eine anonyme Anzeige erhielt, über einen Leserkommentar, der auf der Népszava Website am 8. Juni 2011 publiziert wurde, bei Bodonovich beschwerte. Ein Leser hatte sich lustig gemacht über den Präsidenten Ungarns Pal Schmitt, den er “Hanswurst” nannte.

Auf seine rückwirkende Anzeige Bezug nehmend, sandte ich am 3. Juli eine Anzeige an Jenö Bodonovich, in der ich schrieb: “Unzulässige Inhalte sind nach meinem Kenntnisstand „Hasserregung, die Verletzung der menschlichen Würde, der Menschenrechte, aber auch die gegen irgendeine Person oder Gruppe gerichtete Ausgrenzung“. Dies nehme ich zum Anlass, Ihnen unten stehende Kommentare im Magyar Hírlap (zum Artikel „Ein Ausfall gegen Zsolt Bayer und Fidesz“ vom 25.1. 2011) als unzulässig zu melden.

Als Journalist und österreichischer Staatsbürger bitte ich Sie um Stellungnahme, wie Sie in dieser Angelegenheit zu verfahren gedenken.
Außerhalb Ungarns erwartet man zu erfahren, ob das Mediengesetz gegen antisemitische, rassistische und homophobe Hetze angewendet wird”
Es ging um meinen in der Presse publizierten Kommentar vom 25. Jänner 2011 „Der geehrte Fäkal-Antisemit“,

http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/627995/Der-geehrte-FaekalAntisemit

in dem ich u.a. den antisemitischen Journalisten Zsolt Bayer kritisierte. In der Fidesz nahen Tageszeitung „Magyar Hírlap“ erschien noch am gleichen Tag, ein Artikel darüber und es folgten nicht weniger als 422 Zuschriften auf deren Website. Der antisemitische Pöbel kann sich auf dieser moderierten Website austoben. Einer schreibt über mich ich sei “Kamindeserteur”, also einer, der sich durch Flucht der Vergasung entzogen hat. Zum Beispiel kann man da von “nach Europa hereindrängenden Abfall-Juden” lesen. Ein anderer schreibt “Ja, die Ungarn verachten die Juden wie die Krätze!”

Anders als bei “Népszava” bleiben diese Postings bei „Magyar Hirlap“ bis heute online.

Ein paar Wochen nachdem Die Presse meinen kritischen Kommentar über Zsolt Bayer publizierte, hat sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán mit diesem „Fäkal-Antisemiten“ fotografieren lassen und damit das Signal gegeben: Bayer gehört zu uns und wir halten an ihm fest.
Eine Antwort auf meine Beschwerde steht bis jetzt aus.

Karl Pfeifer ist Unterstützer von SPME Austria.

Karl Pfeifer: Zweierlei Maß der ungarischen Medienbehörde

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