Ausschreitungen und umstrittene Äußerungen – Sorge in Europa über Erstarken des Antisemitismus.

  • 0

http://orf.at/090109-33679/?href=http%3A%2F%2Forf.at%2F090109-33679%2F33680txt_story.html

Europäische Spitzenpolitiker sind alarmiert über die gehäuften antisemitischen Auswüchse seit Beginn des Gaza-Konflikts. Nach einem Brandanschlag auf eine Synagoge in Frankreich ist nun Italien über einen Aufruf schockiert, nicht mehr bei Juden einzukaufen.

Der linksradikale Gewerkschaftsverband Flaica Cub veröffentlichte ein Kommunique, in dem die Römer aufgefordert werden, nicht in Geschäften im Besitz von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde oder von Israelis einzukaufen.

Gewerkschaft rudert zurück

Der Appell löste eine entrüstete Reaktion des Präsidenten der jüdischen Gemeinschaft in Rom, Riccardo Pacifici, aus, der die Gewerkschaft wegen Aufhetzung zum Rassenhass anzeigen will. Daraufhin änderte der Gewerkschaftsverband seinen Appell in einen allgemeinen Aufruf zum Boykott israelischer Waren.

“Wir verurteilen jegliche Form von Antisemitismus und fördern kulturelle Integration. (…) Mit dem Boykott wollen wir verhindern, dass Waffen für den Krieg gekauft werden”, sagte der Sekretär der Gewerkschaft, Giancarlo Desiderati.

Vehementer Appell Sarkozys

In Frankreich ist die Lage bereits seit vergangener Woche angespannt. Eine jüdische Schülerin wurde zusammengeschlagen. Bei einem Brandanschlag auf eine Synagoge in Toulouse wurde niemand verletzt.

Staatschef Nicolas Sarkozy sagte nach dem Brandanschlag, die Regierung werde es nicht zulassen, dass sich die “internationalen Spannungen” in Gewalt zwischen den Konfessionsgruppen in Frankreich entlüden.

Innenministerin Michele Alliot-Marie sagte, es gebe Anzeichen dafür, dass Einzelpersonen oder Gruppen versuchten, die Lage in Nahost “auszunutzen” und den Konflikt nach Frankreich zu tragen. Sie versuchte, mäßigend auf Muslime und Juden einzuwirken, indem sie mit Vertretern beider Religionsgruppen sprach.

Lage in Belgien “wird explosiver”

Auch in Belgien herrscht Alarmbereitschaft. Unbekannte versuchten am Dienstag, das Eingangsportal einer Synagoge in Brüssel mit einem Brandsatz anzuzünden. “Wir stellen fest, dass die Lage explosiver wird”, sagte ein Regierungssprecher.

In Antwerpen erklärten Vertreter der jüdischen und muslimischen Gemeinde gemeinschaftlich, dass die beiden Glaubensgruppen in der Stadt zwar verschiedene Ansichten über den Konflikt in Nahost hätten. “Das ist aber kein Grund, den Konflikt hierher zu tragen.” Nach einer Solidaritätskundgebung für die Palästinenser in der vergangenen Woche war es in Antwerpen zu Ausschreitungen gekommen.

“Aufgeladene Stimmung” in Deutschland

Auch in Deutschland gebe es eine “aufgeladene Stimmung”, sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, der Nachrichtenagentur AFP. Er stehe in Kontakt mit muslimischen Organisationen mit dem Ziel, “dass die Lage nicht eskaliert”. Der Zentralrat sehe Vorfälle wie in Frankreich, Großbritannien und Dänemark “mit großer Sorge”.

Schüsse in Dänemark

In Dänemark hatte ein aus dem Nahen Osten stammender Mann am Neujahrstag in einem Einkaufszentrum auf zwei Israelis geschossen. Einer der beiden wurde dabei schwer verletzt.

In Großbritannien beobachtete die pro-jüdische Organisation Community Security Trust in der vergangenen Woche “mehr als 20, vielleicht 25 antisemitische Zwischenfälle”, wie ein Sprecher sagte.

Der Vatikan und Le Pen

Für heftige Kritik sorgte auch der Vatikan. Der Menschenrechtsbeauftragte verglich wie zuvor der französische Rechtsaußenpolitiker Jean Marie Le Pen den Gazastreifen mit einem Konzentrationslager.

“Schauen wir uns die Lebensbedingungen im Gazastreifen einmal an: Das ähnelt immer mehr einem riesigen Konzentrationslager”, sagte Kurienkardinal Renato Martino in einem Interview der Online-Zeitung Il Sussidiario. Wie italienische Medien am Donnerstag berichteten, verurteilte er vor allem den “Egoismus auf beiden Seiten” und den Mangel an “Gespür für die Menschenwürde” als Hauptursache für den Konflikt im Heiligen Land.

Die Kritik eines Sprechers des israelischen Verteidigungsministeriums, Propaganda für Hamas zu machen, wies Martino zurück. “Es geht mir nicht darum, Hamas zu verteidigen, aber das, was geschieht, ist furchtbar und menschenunwürdig”, sagte der Kardinal der römischen Tageszeitung “La Repubblica”.

Ausschreitungen und umstrittene Äußerungen – Sorge in Europa über Erstarken des Antisemitismus.

  • 0
AUTHOR

SPME

Scholars for Peace in the Middle East (SPME) is not-for-profit [501 (C) (3)], grass-roots community of scholars who have united to promote honest, fact-based, and civil discourse, especially in regard to Middle East issues. We believe that ethnic, national, and religious hatreds, including anti-Semitism and anti-Israelism, have no place in our institutions, disciplines, and communities. We employ academic means to address these issues.

Read More About SPME


Read all stories by SPME