Am 5. November 2009: Alain E. Steinweis über das Novemberpogrom 1938 und die Deutschen
|
|
Klaus P. Prem, Presse – Öffentlichkeitsarbeit – Information Universität Augsburg 28.10.2009 12:01
|
referiert auf Einladung der Historiker der Universität Augsburg zum Thema seiner in Kürze erscheinenden neuen Monographie.
Steinweis’ Vortrag basiert auf seinem noch im November 2009 bei erscheinenden Band “Kristallnacht 1938”. Im Mittelpunkt dieses Buches steht eine Rekonstruktion der Ereignisse vom 7. bis 11. November 1938 auf den Straßen deutscher Kleinstädte, in denen Täter und jüdische Opfer einander kannten. Als Quellen benutzt Steinweis hier sowohl Oral Histories von deutschen Juden, die schon 1938/39 im Ausland aufgezeichnet wurden, als auch Gerichtsakten der westdeutschen Nachkriegsprozesse, in denen es um Taten während der Reichskristallnacht ging.
Viele “normale” Deutsche nahmen spontan an den Ausschreitungen teil
Eine Kernfrage bezieht sich darauf, inwieweit das Pogrom zentral ausgelöst und gesteuert wurde. Wie Steinweis zeigen kann, unterschätzt die bisherige Literatur die spontane Teilnahme der Bevölkerung an den Ausschreitungen. Die kollektive deutsche Erinnerung an die Ereignisse, nach der eine kleine Zahl von gut organisierten Parteigenossen den Pogrom vor den Augen von passiven Zuschauern begangen hat, basiert zum Teil auf dieser irreführenden Geschichtsschreibung. Die jüdischen Oral Histories und die deutschen Prozessakten aus den Jahren 1945-1949 belegen, dass sich viele “normale” Deutsche an den Ausschreitungen beteiligten.
Zum Referenten
Neben dem Buch “Kristallnacht 1938”, das noch im November 2009 bei Harvard University Press erscheinen wird, hat Alan E. Steinweis bereits zwei weitere Monographien publiziert, nämlich “Art, Ideology, and Economics in Nazi Germany” (1993) und “Studying the Jew: Antisemitic Scholarship in Nazi Germany” (2006). Außerdem ist er Herausgeber der beiden Sammelbände “The Impact of Nazism” (2003) und “Coping with the Nazi Past” (2006, mitherausgegeben von Philipp Gassert). Als Doktorand war Steinweis Stipendiat an der Universität Bonn und nach der Promotion an der Universität von North Carolina, im Jahre 1988 erhielt er ein Post-Doc Stipendium an der Freien Universität Berlin. Er war mehrfach als Gastprofessor an verschiedenen Universitäten im Ausland tätig, so 2000 an der Ben Gurion University in Israel, 2002 an der Universität Hannover und 2003 an der Universität Heidelberg.
____________________________________
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Philipp Gassert
Telefon +49(0)821-598-5547
philipp.gassert@phil.uni-augsburg.de