Der Mann auf dem Balkon; Dokumentarfilm von Kurt Brazda – 26. März 2008, 21.00 Uhr in 3sat

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Rudolf Gelbard. KZ-Überlebender – Zeitzeuge – Homo Politicus

http://www.doew.at/aktuell/mitt/185_gelbard.html
Erstausstrahlung: 26. März 2008, 21.00 Uhr in 3sat

Rudolf Gelbard, im Alter von elf Jahren in das Ghetto Theresienstadt deportiert, führt im Film an die Schauplätze seiner Kindheit in Wien. Nach dem “Anschluss” 1938 erfuhr er hier wegen seiner jüdischen Abstammung Demütigungen und wurde Zeuge des Novemberpogroms 1938. Ein wesentlicher Teil des Dokumentarfilms ist Rudolf Gelbards Erlebnissen in Theresienstadt gewidmet, wo er die entscheidenden Jahre seiner Kindheit und Jugend 1942-1945 verbringen musste.

DÖW-Vorstandsmitglied Prof. Rudolf Gelbard wurde am 4. Dezember 1930 in Wien als Sohn einer assimilierten, sozialdemokratischen Familie geboren. Nach dem “Anschluss” musste er den Schulbesuch abbrechen. Im Oktober 1942 wurden er und seine Eltern nach Theresienstadt deportiert. Die Familie erlebte die Befreiung in Theresienstadt und kehrte im Mai 1945 nach Wien zurück. Die Eltern starben jedoch bereits frühzeitig an den Strapazen der Haft.

Neben verschiedenen beruflichen Tätigkeiten setzte sich Rudolf Gelbard stets mit zeitgeschichtlichen Themen – insbesondere mit der Geschichte der Shoah und des Nationalsozialismus, dem Nahostkonflikt und den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts – auseinander. 1975 bis zu seiner Pensionierung Ende 1990 war er als Dokumentarist für Zeitgeschichte und Mitglied der Ombudsmann-Redaktion beim Kurier tätig. Seither ist er, der auch dem Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus angehört, unermüdlich im antifaschistischen Kampf gegen das Vergessen als Vortragender und Zeitzeuge in Schulen, im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Symposien etc. aktiv.

Rudolf Gelbard, dem 1997 der Berufstitel Professor verliehen wurde, wurde vielfach ausgezeichnet. Er erhielt u. a. das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, die Josef-Samuel-Bloch-Medaille der Aktion gegen den Antisemitismus, die Otto-Bauer-Plakette für den besonderen Einsatz gegen Faschismus, Rechtsextremismus und Rassismus und die Victor-Adler-Plakette für besondere Verdienste um die Arbeiterbewegung. 2002 wurde ihm mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs die höchste Auszeichnung, die das österreichische Judentum zu vergeben hat, verliehen. 2005 wurde er mit dem Theodor Herzl Preis und dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien geehrt.

Rudolf Gelbard über seine Deportation nach Theresienstadt:

Aus: Martin Niklas, “… wir nennen es ‘Als ob'”. Erinnerungen österreichischer Jüdinnen und Juden an Theresienstadt, in: Institut Theresienstädter Initiative / DÖW (Hrsg.), Theresienstädter Gedenkbuch. Österreichische Jüdinnen und Juden in Theresienstadt 1942-1945, Prag 2005, S. 88

Wir sind von der Malzgasse (1) nach Theresienstadt gekommen. Und da erinnere ich mich an eine sehr unangenehme Begebenheit: Als wir damals auf Lastautos geladen worden sind, sind wir am Schwedenplatz vorbeigekommen, dort ungefähr, wo jetzt der Eissalon ist. Ich erinnere mich – wir waren doch Frauen, Kinder, alte Männer auf diesem Lastwagen -, wie da eine größere Gruppe von Leuten stand; hinter den Vorhängen waren wahrscheinlich auch welche, die habe ich nicht gesehen. Und die haben damals gerufen: “Ha, ha, jetzt führen s’ die Jüdelach, jetzt führen s’ sie ins…” Das war tiefste Genugtuung, das war schon eine Volksbelustigung, wie wir auf dem Weg ins KZ waren. Da war schon der Wiener Humor, das “goldene Wienerherzerl”, das waren nicht fünf bis zehn Missgeleitete, sondern das waren schon hunderte, eine Menschentraube, die da mit Behagen unseren Weg zum Bahnhof und damit ins KZ begleitet hat. […]

Jetzt erinnere ich mich, wie wir durch Prag gekommen sind, haben die gerufen: “Nazdar! (Servus!)” und: “Haltet aus!”, die Tschechen. “Haltet aus!”, “Hitler bald kaputt!” Und dann kamen wir in Bauschowitz an. (2)

1) In der Malzgasse im zweiten Wiener Gemeindebezirk befand sich eines der Sammellager, von wo aus die Menschen in die Ghettos und Vernichtungslager deportiert wurden.

2) Zu Beginn des Ghettos Theresienstadt führten die Transporte noch nach Bohušovice (Bauschowitz), einen kleinen Ort etwa zweieinhalb Kilometer außerhalb des Lagers, von wo aus die Häftlinge zu Fuß ins Lager marschieren mussten. Im August 1942 wurde mit dem Bau von Anschlussgleisen von Bohušovice ins Lager begonnen, ab Juni 1943 fuhren die Transporte direkt in das bzw. aus dem Ghetto.

Prof. Rudolf Gelbard ist Rechningsprüfer von SPME Austria

Der Mann auf dem Balkon; Dokumentarfilm von Kurt Brazda – 26. März 2008, 21.00 Uhr in 3sat

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