George Weidenfeld: Wo stehen eigentlich die Briten?

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Statistiken über wachsenden Antisemitismus in Europa, der sich fast immer mit einem Hassgefühl gegen Israel vermengt, zeigen ein steiles Anschwellen in den vergangenen zwölf Monaten.Schweden und Norwegen sind Israels schärfste Kritiker.In Spanien und Belgien im Westen und Ungarn im Osten ist man stets bereit, den jüdischen Staat zu rügen. Dänen, Balten und Österreicher halten sich zurück in zumeist frostiger Neutralität.

Statistiken über wachsenden Antisemitismus in Europa, der sich fast immer mit einem Hassgefühl gegen Israel vermengt, zeigen ein steiles Anschwellen in den vergangenen zwölf Monaten. Schweden und Norwegen sind Israels schärfste Kritiker. In Spanien und Belgien im Westen und Ungarn im Osten ist man stets bereit, den jüdischen Staat zu rügen. Dänen, Balten und Österreicher halten sich zurück in zumeist frostiger Neutralität. Niederländer und Franzosen zeigen größeres Verständnis in ihren Medien oder Parlamenten. Die freundlichsten Kommentare kommen aus Deutschland, gefolgt von Italien, Tschechien und Polen.


Wo aber steht Großbritannien? Die Medien sind geteilt in ihren Urteilen. Was die linken und linksliberalen Organe jüngst über Gaza oder die mysteriösen Vorgänge in Dubai schreiben, ist pure Hysterie. Während alle Welt Israel pries, als es ein ultramodernes Feldlazarett nach Haiti schickte, erklärte die liberale Politikerin Lady Tonge – unterstützt von einigen Medien -, dies diene Israels Absicht, Organe von lebenden und toten Erdbebenopfern zu sammeln und gewinnbringend zu verkaufen. Die Politikerin wurde zwar gerügt, stoppt aber ihre Hasspredigten nicht.

Jene, die offen zum Dschihad anspornen, Befürworter der Scharia und Selbstmordattentäter aller Altersstufen haben freien Zugang zu Presse, öffentlichen Podien und – vor allem – den Universitäten. An Großbritanniens altehrwürdigen Lehrstätten wie Oxford, Cambridge, Manchester und London ist eine gezielte und in ihrer Art einmalig extreme Welle der Hetze gegen jüdische Studenten und israelische Gastdozenten besonders spürbar. Kann es damit zusammenhängen, dass in Zeiten klammer Kassen gigantische Summen aus der arabischen Welt an die britischen Lehranstalten gehen?

Es liegt im Trend, Lehrstühle, die sich direkt oder indirekt mit dem modernen Israel befassen, mit dessen schärfsten Kritikern zu besetzen. An der Universität von Exeter etwa, deren Ehrendoktorat ich stolz war zu erhalten, gibt es ein prunkvolles Islamisches Institut. Es beherbergt heute einen israelischen Professor und Kommunisten, der die Legitimität Israels anzweifelt. Sein Name fällt oft im Zusammenhang mit antiisraelischen Protesten. Jüngst wurde Israels Vize-Außenminister Daniel “Danny” Ayalon bei einem Vortrag im angesehenen Oxford-Union-Club niedergeschrien. Ein arabischer Student rief: “Tötet alle Juden!”

Die Regierung von Premier Gordon Brown tut wohl alles, um Neutralität im Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt zu wahren. Dennoch hat der israelische Botschafter in London große Schwierigkeiten, sich beim Foreign Office mit seinem Anliegen durchzusetzen: Es geht darum, das absurde Gesetz zu ändern, wonach allein auf eine private Anzeige hin ein ausländischer Politiker oder hoher Militär festgenommen und als Kriegsverbrecher an das Haager Tribunal ausgeliefert werden könnte. Aber die britischen Behörden spielen auf Zeit. Brown und sein Außenminister David Miliband geben zwar Versprechen, doch Justizminister Jack Straw (in dessen Wahlkreis muslimische Stimmen ausschlaggebend sein könnten) macht klar, dass erst nach den Wahlen im Mai rechtliche Schritte zur Aufhebung dieses Gesetzes unternommen werden.

Ein Sicherheitsdienst veröffentlicht in Kooperation mit Scotland Yard alarmierende Zahlen von Friedhofsschändungen und Übergriffen. Antisemitismus und politische Versuche der Entrechtung Israels sind zu einem nationalen Problem der Briten geworden.

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