Silke Mertins und Benjamin Dierks: Israels neue Feinde

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Israel feiert sein Staatsjubiläum wie damals bei der Gründung – bedroht von Feinden. Der Iran spricht von der Vernichtung des jüdischen Staates. Und der mit Terrorgruppen geführte Krieg hat längst begonnen.

Dass wir überlebt haben, ist fast ein Wunder.” Israels Präsident Schimon Peres ist mit seinen 84 Jahren Zeitzeuge der Geburtsstunde seines Landes. Er legt sein feierliches Gesicht auf und tritt an das Rednerpult im Festsaal seiner Residenz. “Am Tag der Unabhängigkeitserklärung Israels standen 460.000 Juden 400 Millionen Arabern gegenüber. Wir hatten kein einziges Flugzeug, zwei alte Panzer und Munition für fünf Tage”, sagt er anlässlich seiner Ansprache zum 60. Jahrestag der Staatsgründung. “Keiner wollte uns Gewehre verkaufen. Nicht einmal Gewehre.” Peres versteht es bis heute nicht – und auch der Groll ist geblieben.

Vieles hat sich grundlegend geändert seit 1948. Die jüdische Bevölkerung hat sich mehr als verzehnfacht. Die Wirtschaft floriert, die Demokratie hat sich als stabil erwiesen. Israel hat eine starke Armee aufgebaut, die dank Peres – wenn auch nicht offiziell – sogar über atomare Sprengköpfe verfügt. Doch die Bedrohungslage hat sich kaum verändert. Selbst mit den beiden Nachbarn, mit denen Israel Frieden geschlossen hat, Ägypten und Jordanien, haben die offiziell guten Beziehungen wenig Substanz. Die Bevölkerungen dort sind extrem antiisraelisch eingestellt. Israel feiert den 60. Geburtstag wie schon den ersten: umgeben von Feinden, die die Existenz des jüdischen Staates nicht anerkennen.

Im Gazastreifen ist es die radikalislamische Hamas. An der nördlichen Grenze die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah und Syrien, die wiederum beide mit der derzeit größten strategischen Bedrohung Israels verbündet sind – dem Iran. Das Regime der Islamischen Republik treibt ein international höchst umstrittenes Atomprogramm voran und verkündet, das “zionistische Gebilde” von der “Landkarte radieren” zu wollen. “Seit dem letzten runden Jahrestag hat es eine gewaltige Verschiebung gegeben”, sagt Charles Small von der US-amerikanischen Yale University. “Es geht schon lange nicht mehr um den Kampf für einen palästinensischen Staat.”

“Der Iran ist eine Gefahr für jeden demokratischen Staat. Wenn das Regime in Teheran eine Atombombe hat, wird das nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt ein Albtraum”, sagt Peres. So sehr der Präsident sich auch bemüht, das Problem rhetorisch zu internationalisieren, so wenig kann er darüber hinwegtäuschen, dass der jüdische Staat auf der Drohliste von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschads ganz oben steht.

Zum angedrohten Massenmord müsste es aber gar nicht kommen, um Israel einen großen Teil seines Lebens zu nehmen. “Ich schätze zwar die Wahrscheinlichkeit, dass der Iran tatsächlich die Atombombe einsetzen würde, als eher gering ein”, sagt Meir Javedanfar von der Middle East Economic and Political Analysis Company. Doch allein die Drohung würde Israel schweren Schaden zufügen.

“Wer würde in Israel noch investieren wollen?” Die besten Köpfe des Landes würden ihre Karrieren anderswo aufbauen. Der Strom der Einwanderer könnte versiegen. Viele Israelis würden zudem versuchen, in die Nähe von Jerusalem zu ziehen. Denn dass der Iran die auch für Muslime heilige Stadt angreift, gilt als unwahrscheinlich.

Recht nüchtern betrachten viele den Streit, der derzeit im US-Präsidentschaftsvorwahlkampf tobt. Die demokratische Bewerberin Hillary Clinton hatte dem Iran gedroht, man würde das Land “auslöschen”, sollte Teheran Israel atomar angreifen. Israel wie bereits von US-Präsident George W. Bush angeboten unter den Schutz der US-Raketenabwehr zu stellen sei problematisch, sagt Benny Morris, Professor an der israelischen Ben-Gurion-Universität. Nach einem Angriff könne auch eine solche Schutzgarantie den kleinen und relativ schnell zu zerstörenden jüdischen Staat nicht zurückbringen.

Man bemühe sich auch in Israel, die Furcht auszublenden, sagt Morris, aber noch vor Jahren habe niemand in Israel eine solche existenzielle Bedrohung empfunden. Für Morris, der die Lage am Wochenende in Berlin mit anderen Wissenschaftlern, Politikern und Exiliranern diskutierte, besteht deshalb nur die Möglichkeit, das Streben des Iran nach Atomwaffen gezielt militärisch zu stoppen. “Wir müssen tun, was notwendig ist, um das iranische Atomprogramm zu stoppen”, sagt er – mit konventionellen oder auch mit atomaren Waffen. “Ein zweiter Holocaust ist eine noch schrecklichere Vorstellung.”

In der Ideologie der iranischen Führung gebe es keine Bereitschaft, abweichende Lebensvorstellungen zu akzeptieren, sagt Yale-Professor Charles Small. “Die Selbstbestimmung des jüdischen Staates auf dem, was als islamisches Land gesehen wird, kann es nicht geben.” Ahmadinedschad versuche, die Israelis zu enthumanisieren. Es werde langsam ernst.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrer Rede vor dem israelischen Parlament im März versichert, Deutschland werde Israel “nicht alleinlassen”. Ein Angriff auf den jüdischen Staat käme einem Angriff auf Deutschland gleich. Kritik an ihrer Positionierung kam nicht nur aus Teheran, sondern auch aus deutschen Wirtschafts- und Wissenschaftskreisen.

Angesichts stärkerer iranischer Kontakte nach China fürchten europäische Firmen um ihr Geschäft – und wehren sich gegen Sanktionen. Als der iranische Vize-Außenminister Mahdi Safari Ende April Berlin besuchte, traf er nach eigenen Angaben nicht nur einen Staatssekretär des Außenministeriums, sondern auch eine Wirtschaftsdelegation. Neu aufgelegte Anreize des Westens, um das Atomprogramm zu stoppen, lehnte die iranische Regierung erneut ab.

Der Konflikt mit dem Iran wird langsam ernst

Man bemühe sich auch in Israel, die Furcht auszublenden, sagt Morris, aber noch vor Jahren habe niemand in Israel eine solche existenzielle Bedrohung empfunden. Für Morris, der die Lage am Wochenende in Berlin mit anderen Wissenschaftlern, Politikern und Exiliranern diskutierte, besteht deshalb nur die Möglichkeit, das Streben des Iran nach Atomwaffen gezielt militärisch zu stoppen. “Wir müssen tun, was notwendig ist, um das iranische Atomprogramm zu stoppen”, sagt er – mit konventionellen oder auch mit atomaren Waffen. “Ein zweiter Holocaust ist eine noch schrecklichere Vorstellung.”

In der Ideologie der iranischen Führung gebe es keine Bereitschaft, abweichende Lebensvorstellungen zu akzeptieren, sagt Yale-Professor Charles Small. “Die Selbstbestimmung des jüdischen Staates auf dem, was als islamisches Land gesehen wird, kann es nicht geben.” Ahmadinedschad versuche, die Israelis zu enthumanisieren. Es werde langsam ernst.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrer Rede vor dem israelischen Parlament im März versichert, Deutschland werde Israel “nicht alleinlassen”. Ein Angriff auf den jüdischen Staat käme einem Angriff auf Deutschland gleich. Kritik an ihrer Positionierung kam nicht nur aus Teheran, sondern auch aus deutschen Wirtschafts- und Wissenschaftskreisen.

Angesichts stärkerer iranischer Kontakte nach China fürchten europäische Firmen um ihr Geschäft – und wehren sich gegen Sanktionen. Als der iranische Vize-Außenminister Mahdi Safari Ende April Berlin besuchte, traf er nach eigenen Angaben nicht nur einen Staatssekretär des Außenministeriums, sondern auch eine Wirtschaftsdelegation. Neu aufgelegte Anreize des Westens, um das Atomprogramm zu stoppen, lehnte die iranische Regierung erneut ab.

Silke Mertins und Benjamin Dierks: Israels neue Feinde

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