Karl Pfeifer: Palästinamanie

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Lange, bevor es Mobilfunk gab, sah ich in Jerusalem einige Male, Männer und Frauen, manchmal in seltsamen Gewändern, die vor sich laut hersprachen und andere Menschen anagitierten. Wenn es gar zu arg wurde, rief ein beherzter Zuschauer die Rettung. In der psychiatrischen Klinik stellte sich dann heraus, dass es sich um das Jerusalem Syndrom handelt, eine insbesondere in Jerusalem auftretende psychische Krankheit, die sich darin manifestiert, dass der Kranke glaubt eine Person aus der Bibel oder den heiligen christlichen Schriften zu sein.

Das ist nicht zu verwechseln mit der Palästinamanie, die nur in den extremsten Fällen, zur Behandlung im Spital führt. Palästinamanie, ist eine Besessenheit, die den Politologen und Journalisten genug Material zur Untersuchung bieten würde. Doch weil sie sehr verbreitet ist, und in gewissen Kreisen zum guten Ton gehört, wird sie nicht als das erkannt was sie ist, eine Leidenschaft, die Leiden schafft. Die von Palästinamanie ergriffenen Menschen, eifern lediglich gegen Israel, Menschenrechtsverletzungen und seien sie noch so arg, werden anderswo nicht bemerkt, ihr Horizont ist verengt. Ihre Polemik wird mit einem Eifer betrieben, der bisweilen überzogen wirkt.
Menschen, die wirklich für den Frieden arbeiten, die Solidarität mit Palästinensern durch konstruktive Taten beweisen und die berechtigten Anliegen des palästinensischen Volkes unterstützen, werden von mir nicht als palästinamanisch gewertet.

Ein paar Beispiele gefällig?

Vor ein paar Tagen, hat eine kleine linksradikale Gruppe von palästinamanischen britischen Gewerkschaftern, beim Kongress der Hochschulgewerkschaft UCU die Mehrheit dazu gebracht einen Beschluss zu fassen, der allein gegen die israelischen Universitäten gerichtet ist. Jon Pike, ein britischer Universitätslehrer und Gewerkschaftsfunktionär, der aus prinzipiellen und praktischen Gründen gegen einen Boykott der israelischen Universitäten Stellung bezieht, bemerkt dazu:

Over the years of the boycott debate, from 2003, we have contributed nothing to solidarity with Palestine. I was at a meeting discussing books for Palestine, a trade union fund and so on, nearly 18 moths ago. Action? None. I was talking to a serious and senior member of the union, who told me this: he had got quite a few people in his union branch to support an educational exchange with Bethlehem University. He was organising a tripling arrangement with an Israeli University back in 2003. It was difficult, both practically and politically to set this up, but a lot of people at his place put work into it. Then the boycott debate blew up, for the first time. Almost unanimously, his people opposed the boycott, and withdrew from the tripling arrangement. Now, ‘Palestinian solidarity’ means going to meetings and arguing about a boycott.[1]

Da gab es eine Reihe von Vorschlägen, zum Austausch mit palästinensischen Hochschulen, um diese zu unterstützen, doch nichts von dem wurde verwirklicht. Verärgert meint Pike: „Nun, ‚Solidarität mit Palästinensern“ bedeutet zu Versammlungen zu gehen und über einen Boykott [israelischer Universitäten] zu diskutieren.“

Ein Kennzeichen der Palästinamanie ist, man gibt vor die Palästinenser zu mögen, was selten stimmt, wird aber leidenschaftlich, wenn es gegen den jüdischen Staat oder die „Zionisten“ geht.

Das war ein Beispiel für linksradikale Palästinamanie.

Die Palästinamanie ist aber auch leider unter Christen weitverbreitet, da lese ich in einem Bericht über eine Wiener Veranstaltung [2] von einem katholischen Geistlichen aus Amstetten:

„Ich möchte als katholischer Priester sagen, daß ich den Holocaust zutiefst verurteile und daß es das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte war und daß man nichts mit dem Holocaust vergleichen kann.“

Diese Zusicherung, die nichts kostet, und doch außerhalb des arabischen Raums auch selbstverständlich sein sollte, zumal die katholische Kirche dazu einige Erklärungen abgegeben hat, ist nur ein Alibi, für eine einseitige Schuldzuweisung an Israel.

„Gleichzeitig können die unmenschliche Politik und die Verbrechen, die heute von Israel am palästinensischen Volk begangen werden, nicht mit dem Holocaust gerechtfertigt werden.“

Israel rechtfertigt sein Vorgehen im Gazastreifen, im Gegensatz zu dem was der Priester aus Amstetten verkündet, nicht mit dem Holocaust, sondern mit den Verbrechen gegen den Frieden, den die Hamas und ihre Anhängsel im Gazastreifen begehen, wenn sie Kindergärten, Krankenhäuser oder Synagogen auf dem Gebiet Israels innerhalb der Waffenstillstandslinien von 1949, beschießen. Aber wenn Israel reagiert, dann ist das, so dieser Geistliche, gegen den „spezifische[n] christliche[n] Glaubensanspruch, das Gebot der Nächstenliebe“ gerichtet, denn „Grenzen zuzumachen und diese Menschen dem Hungertod preiszugeben, das ist für mich Mord und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Und da haben wir schon beim Hintertürl hineingebracht den Vergleich mit dem Massenmord der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft an den Juden. Das ist sekundärer Antisemitismus.

Man würde sich wünschen, wenn die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge in Darfur, die von arabischen Reitermilizen vertrieben worden sind, so gut verpflegt und versorgt werden würden, wie die Einwohner von Gaza. Nur die von Palästinamanie ergriffenen christlichen Prediger kümmern sich halt nicht um Darfur, vielleicht weil die meisten Opfer Schwarze und die Täter und ihre Hintermänner Muslime sind.

Und dann kommt unvermeidlich der folgende demagogische Ausspruch: „ “die, die mit dem Militär töten, gewissermaßen einen Jagdschein zum Töten besitzen, und die anderen, seien es Selbstmordattentäter, die sind dann die sogenannten Wilden und werden zu Terroristen abgestempelt.”

Das ist auf Österreich oder Deutschland umgemünzt so zu verstehen, der Staat dessen Polizei Waffen trägt, und gewissermaßen einen Jagdschein zum Töten besitzt, tötet dann einen Geiselnehmer oder Bankräuber, der dann als sogenannter Verbrecher abgestempelt wird.

Mit dieser absurden Rechtfertigung für Selbstmordattentäter vertuscht der „Liebe Deinen Nächsten“ Verkünder einen großen Unterschied: Während die israelische Armee alles daran setzt, damit Zivilisten nicht zu Opfern werden, setzen die Selbstmordattentäter und diejenigen die Raketen auf Städte und Dörfer abfeuern alles daran, damit ein Maximum an Zivilisten sein Leben verliert.

Auch Präsident Bush bekommt sein Fett ab, „weil er parteiisch für Israel ist und sicher nicht für die Armen und Schwachen einsteht.“

Warum soll ein Priester nicht die übliche antiamerikanische Mantra von sich geben, ist man geneigt zu denken. Nur, dass es in der mit Ölreichtum gesegneten arabischen Welt, wo die Muslime alle zu einer umma gehören, es sicher nicht die Schuld von Präsident Bush ist, wenn es so viele Arme und Analphabeten dort gibt.

Nach der Erwähnung der Bergpredigt, kommt der Stehsatz aus der untersten antisemitischen Schublade: „Eine Aug-um-Aug und Zahn-für Zahn-Politik kann nicht zum Frieden führen.“

Auch der Amstettner Kaplan erklärt die Politik Israels gegenüber den Palästinensern mit typisch jüdischer Rachsucht – womit er sich ganz palästinamanisch auch an der Tora, auf die doch das Christentum gründet, vergreift, denn dort steht „Auge für Auge“ und nicht „Auge um Auge“.[3]

Soviel zur christlichen Palästinamanie.

Nicht jede Palästinamanie ist selbstlos. Nehmen wir das Beispiel eines Politikers, dem es gelingt das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Angenehm ist es die antisemitischen Aggressionen hinter der Maske eines Humanisten ausleben zu können. Er beklagt zum Beispiel in einem Interview: „Es ist leider eine unbestreitbare und für mich sehr schmerzhafte Erfahrung, dass mein Eintreten für die legitimen Rechte des Palästinensischen Volkes immer wieder in die antisemitische Ecke gestellt wird.“ Weiter erklärt er: „gerade in Deutschland und in Österreich [nützen] die Befürworter der zionistischen Besatzungspolitik dieses Faktum dazu aus, Israelkritiker besonders vehement zu verfolgen und sie sofort in die antisemitische Ecke zu stellen.” So schlimm steht es also in Österreich, er wird mir nichts dir nichts in „die antisemitische Ecke“ gestellt.

Dass er gerade ein paar Monate vor diesem Interview ein antisemitisches Buch in Wien herausgegeben hat, das leugnet er. Der Autor dieses Buches würde nur wegen seiner Kritik an Israel angegriffen, so der ehemalige langjährige SPÖ-Vertreter beim Nahostkomitee der Sozialistischen Internationale. Doch der französische Herausgeber wurde wegen der Herausgabe des gleichen Buches in Frankreich rechtskräftig verurteilt. In Österreich aber wurde dieses Buch von den Mainstream Medien kaum thematisiert. So viel zur Verfolgung.

Er will kein Antisemit sein: „Es ist tragisch und unverständlich zugleich, wie ein Volk wie das jüdische, welches mit allen Mitteln für sein Recht auf einen eigenen Staat kämpft, genau das gleiche Recht einem anderen Volk streitig macht.“ [4]

Er macht sich auf einer Website, die vom deutschen Verfassungsschutz observiert wird, Sorgen um „ein Volk, wie das jüdische“ und wirft dem jüdisch-israelischen Volk pauschal vor, das Recht einem anderen Volk streitig zu machen, obwohl die Mehrheit der Israelis eine Zweistaatenlösung befürwortet. Auch das eine Unwahrheit, mit der er doch nur beweisen wollte, dass er sich Sorgen um die Juden macht.

Damit glaubt er seine antisemitische Motivation – die für einige seiner Genossen offensichtlich ist – bestreiten zu können.

So kann er seine Ressentiments und Vorurteile – als Humanist und Freund des palästinensischen Volkes – ausleben.

Doch Palästinamanie ist in seinem Fall auch ein einträgliches Geschäft und führte auch dazu, dass er bzw. seine Organisation von einer blutigen Diktatur finanzielle Unterstützung erhielt. In anderen Ländern werden solche Affären von der Staatsanwaltschaft untersucht. Nicht in Österreich.

In weiteren Folgen werde ich andere Formen der Palästinamanie beschreiben.

1) http://www.engageonline.org.uk/blog/article.php?id=1924
2) http://www.gazamussleben.at/de/998
3) „Auge um Auge« – ein antijüdisches Klischee“
http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2002/03/02/a0287
4) http://www.saar.at/muslimmarkt_interviewt.htm

Karl Pfeifer: Palästinamanie

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