Jörg Rensmann: In memoriam Ayatollah Khomeini

  • 0

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/joerg_rensmann_in_memoriam_ayatollah_khomeini/

Was macht der Professor Udo Steinbach, der vor ein paar Jahren den Widerstand der Juden im Warschauer Ghetto mit den Mordtaten palästinensischer Banden in eins setzte, an einem nasskalten Freitagabend in der Hauptstadt? Er nimmt an einer Kulturveranstaltung zur Erinnerung an den Tod des iranischen Revolutionsführers Khomeini im Berliner Haus der Kulturen der Welt teil, einem Ort des gedeihlichen multikulturellen Miteinanders.

Wir wissen übrigens seit gestern, dass der Tod Khomeinis das Ende des Patriarchats im Iran bedeutet hat, wenn der Autor dieser Zeilen die Ausführungen vom Podium richtig verstanden hat. Augenblicke eher unfreiwilliger Komik waren gestern nicht selten. Wir wissen ebenfalls seit gestern, dass der Tod des Führers im Iran 1989 ein weiterer Mauerfall war, der sich einordnen lässt neben diverse andere Mauerfälle der Geschichte. Und sind wir nicht alle ebenfalls Mauern, die wir uns abgrenzen vom Anderen, anstatt uns ihm, sei er auch ein islamisch motivierter Massenmörder, anzuschmiegen? Die Geschichte selber ist anscheinend eine lose Abfolge mehr oder weniger gleichrangiger, mehr oder weniger zufälliger Ereignisse, aus denen keines besonders herausragt, eine Abfolge ohne Subjekte, Motive, Gegensätze, vor allem ohne die Fähigkeit zum Urteil. So war in einem hübschen Rekurs auf die Postmoderne im Grunde alles egal, alles gleich nichtig; niemand sollte sich um das Verschwinden des Begriffes von Wahrheit sorgen, wenn dafür ein anheimelndes Miteinander getauscht werden kann.

Der Verfasser dieser Zeilen schreibt dies Stückchen voller Hochachtung für den Moderator der gestrigen Veranstaltung, für den Publizisten und Islamwissenschaftler Narvid Kermani. Es ist eine nicht zu unterschätzende Meisterleistung, an einem Abend, an dem es um die islamische Revolution im Iran geht, jedes Wort eines Ansatzes von Kritik an gesellschaftlicher Wirklichkeit von Diktatur und Terror, von Verfolgung von Oppositionellen und religiösen und ethnischen Minderheiten zu vermeiden, oder es da, wo es sich gegen die Intention der Gastgeber denn doch regte, etwa in den Ausführungen der im Exil lebenden Autorin Sharnush Parsipur, fix zu übergehen. Parsipur führte aus, dass sie nicht daran dächte, dem Regime Zehntausende von Toten zu vergeben, darauf Kermani: „Aber lassen Sie uns zurückkommen (!) zu den Bedingungen, unter denen Literatur entsteht…“ Seine These lautete denn auch, dass die islamische Revolution erst zu einer Literaturblüte im Iran beigetragen, ja sie erst ermöglicht habe.

An anderer Stelle wurde betont, dass das Tragen des Kopftuches zu den notwendigen (!) Reminiszenzen an die islamische Revolution gehöre.

Es ist ein hübscher Kunstgriff, an einem solchen Abend von atomarer Bewaffnung, Holocaustleugnung und von eliminatorischem Antisemitismus im Iran zu schweigen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Besuches eines deutschen Privatiers in Teheran wissen wir allerdings auch und nicht erst seit gestern, dass es sich bei der Holocaustleugnung des iranischen Regimes wie auch um den Antisemitismus um bloße Rhetorik handelt, wo es nicht gleich ganz um falsche Übersetzungen geht.

Dazu muss man wissen, dass das Haus der Kulturen der Welt eingestandenermaßen im Vorfeld der gestrigen Veranstaltung mit dem iranischen Regime zusammengearbeitet hat, es hat sich vom staatlichen iranischen Fernsehen Filmbilder zur Präsentation organisieren lassen.

Dass es im Anschluss an die Statements vom Podium keine Gelegenheit zur Aussprache gab, spricht für sich.

Das Haus befindet sich, wenn wir an Claus Peymann denken, in Gesellschaft, auch in der Gesellschaft derjenigen aufrechten Bürger von Weimar, die eine Kulturreise nach Teheran zu unternehmen gedenken, sicher zum Austausch von Gedanken über das Verhältnis von Kultur und Barbarei. Wer wäre dazu besser geeignet als die Bewohner der Region um den Ettersberg?

Thierry Chervel hat neulich auch an dieser Stelle in einem bemerkenswerten Aufsatz darauf hingewiesen, dass es linke Intellektuelle waren und sind, die im Kampf gegen den Islamismus versagen, um es zurückhaltend zu formulieren. „Die Linke hat in der Auseinandersetzung mit dem Islamismus ihre Prinzipien aufgegeben. Sie stand für Loslösung von Sitte und Tradition, aber im Islam setzt sie sie im Namen von Multikulti wieder ins Recht. Sie ist stolz, die Frauenrechte erkämpft zu haben, aber im Islam toleriert sie Kopftücher, arrangierte Ehen und prügelnde Männer. Sie stand für Gleichheit der Rechte, nun plädiert sie für ein Recht auf Differenz – und damit für eine Differenz der Rechte. Sie proklamierte die Freiheit des Worts und gerät beim Islam in hüstelnde Verlegenheit. Sie unterstützte die Emanzipation der Schwulen und beschweigt das Tabu im Islam. Die fällige Selbstrelativierung des Westens nach der kolonialen Ära, die von postmodernen und strukturalistischen Ideen vorangetrieben wurde, führte zu Kulturrelativismus und Kriterienverlust.“

Der Autor dieser Zeilen möchte an dieser Stelle auf eine Veranstaltung hinweisen dürfen, auf der es kritischer zugehen wird als im Haus der Kulturen der Welt.

Das Mideast Freedom Forum Berlin und die Kampagne STOP THE BOMB präsentieren die Veranstaltung „30 Jahre Islamische Republik Iran – Bilanz der islamischen Revolution und der Politik des Westens.“

Es wird einen Vortrag mit dem in London im Exil lebenden iranischen Journalisten und Buchautor Amir Taheri geben, anders als im Haus der Kulturen auch die Gelegenheit zur Diskussion.

Das Ganze findet mit Simultanübersetzung statt am Mittwoch, 4.3.2009, 20:00 h in der Werkstatt der Kulturen, Wissmanstraße 32, Berlin-Neukölln (U8/U7 Hermannplatz).

Anmeldung bitte unter info-de@stopthebomb.net

Jörg Rensmann: In memoriam Ayatollah Khomeini

  • 0