Jörg Rensmann: Niemand soll sich sicher fühlen

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Die „Arabellion“ hat in den Hintergrund treten lassen, dass das islamistische Regime in Teheran die größte Bedrohung für individuelle Freiheit und Emanzipation im Nahen und Mittleren Osten ist.
Die Frist, die iranischen Machthaber noch vom Griff zur Atombombe mithilfe scharfer Wirtschaftssanktionen abzuhalten, schwindet dramatisch und mit jedem Tag. Diplomatie hat sich als illusionär und nicht effektiv erwiesen und dem Regime nur Zeit verschafft. Für einschneidende Sanktionen mit dem legitimen Ziel, das Regime zu stürzen, um die iranische Oppositionsbewegung entscheidend zu unterstützen, bleibt kaum noch Gelegenheit, sollte die militärische Option nicht in Betracht gezogen werden müssen.

In den letzten Wochen mehren sich ernstzunehmende Anzeichen dafür, dass es konkretere Planspiele dafür gibt, einen militärischen Präventivschlag gegen die Machthaber in Teheran vorzubereiten.
http://www.guardian.co.uk/world/2011/nov/02/uk-military-iran-attack-nuclear/print
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4141689,00.html

Ein Regime, das für schwere Menschenrechtsverletzungen und Repressionen gegen die eigene Bevölkerung verantwortlich ist, hat nach innen schon lange jede Legitimation verwirkt.
Nach außen destabilisiert es die Region des Mittleren Osten wo immer möglich. Der Abzug der US-amerikanischen Truppen aus dem Irak öffnet das Tor für weitere iranische Einflussnahme im Nachbarland; in Afghanistan soll der Iran auf freundliche Einladung hin eine Rolle im Rahmen einer „Nachkriegsordnung“ spielen; eine Entwicklung, vor der vor allem afghanische Frauenrechtlerinnen warnen.

http://en.trend.az/regions/iran/1952276.html
http://www.unwatch.org/cms.asp?id=2702220&campaign_id=63111

Am 8. November wird wahrscheinlich der aktuelle Bericht der IAEA, der internationalen Atomenergiebehörde vorgelegt werden, auf dessen Inhalte in der Causa Iran man gespannt sein darf.
Zugleich lanciert das iranische Regime Anschläge im Ausland wie die geplante Ermordung des saudischen Botschafters in den USA. Die USA sind über eine solche Verletzung ihrer territorialen Souveränität ernsthaft besorgt, es zeigt sich, dass das Teheraner Regime zu allem willens ist, wie dilettantisch ein solches Mordkomplott auch immer vorbereitet wurde.

Doch die Botschaft ist klar: niemand soll sich sicher fühlen. In Deutschland ist eine Terrororganisation wie Hisbollah nach wie vor nicht verboten. Die Kader können sich ungestört bewegen; man hat den Eindruck eines faulen Friedens auf Kosten potentieller Opfer anderswo. Wer garantiert, dass Hisbollah in Deutschland nicht logistische Aufgaben wahrnimmt und Rückzugsräume nutzt?

Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht unbedingt, dass sich Deutschland als nach wie vor eminent wichtiger Handelspartner der Menschenschlächter in Teheran bei der Verschärfung unilateraler Wirtschaftssanktionen sehr zurücknimmt.

Deutschland versteht sich als wichtiger Bündnispartner Israels, das vom iranischen Regime zuallererst existenziell bedroht wird. In der iranischen Frage hätte sich das Lippenbekenntnis zur Verantwortung für Israel zuallererst zu beweisen. Dass Deutschland in UN-Gremien gegen die Aufwertung einer palästinensischen Scheinsouveränität votiert, ist begrüßenswert und kostet wenig. An dem Beispiel der UNESCO haben wir gesehen, dass „Palästina“ nun nichtsdestoweniger Mitglied dieser UN-Unterorganisation geworden ist, ein Mitglied übrigens, das gegen die UNESCO-Richtlinien zur Toleranz verstößt, wie der folgende Auszug aus einem aktuellen palästinensischen Schulbuch verdeutlicht:

“Today the Muslim countries need urgently jihad and jihad fighters in order to liberate the robbed lands and to get rid of the robbing Jews from the robbed lands in Palestine and in the Levant.”

http://www.jpost.com/DiplomacyAndPolitics/Article.aspx?id=243916

Direkte Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung sind durch nichts zu ersetzen. Abbas aber hat, um seine abenteuerliche Strategie der einseitigen Schritte fortsetzen zu können gezeigt, dass er sämtliche UNESCO-Mitglieder in Geiselhaftung nimmt, die nun nicht mehr in den Genuss von US-Haushaltsmitteln kommen können. Auch Israel hat seine Zahlungen an die UNESCO inzwischen eingestellt. Wie verhält sich Deutschland?

Es vergeht kaum ein Tag, an dem hier nicht irgendwo Seminare und Veranstaltungen stattfinden, um den Handel mit dem Iran zu fördern, vom „kulturellen Dialog“ ganz zu schweigen. Das Zeichen ist fatal. Vor allem der deutsche Mittelstand macht sich zum Bündnispartner eines Regimes, das Minderheiten im eigenen Land drangsaliert und den Terror weltweit exportiert. Vom Kanzleramt ist dazu außer folgenlosen Appellen nichts zu hören. Zu fragen ist vielmehr, ob nicht auch bereits existierende Sanktionen in Deutschland umgangen werden.

Die Politik der Bundesregierung knüpft aktuell die Auslieferung von Waffensystemen an den Partner Israel an die bezeichnende Bedingung eines „Siedlungsstopp“, die sich vor dem Hintergrund der realen iranischen Bedrohung, gegen die die Systeme ja zur Verteidigung gerichtet sein sollen, wie ein zynischer Witz liest. Nicht jüdische Wohnblöcke in der Westbank sind ein Haupthindernis für Frieden und Prosperität in der Region, sondern ein atomar bewaffnetes iranisches Regime, das den tödlichen Terror vor allem gegen Juden fördert. Es soll aber Druck auf Netanyahu aufgebaut werden, um einen „Siedlungsstopp“ zu forcieren, als sei ein Ausbau bereits bestehender Wohnblöcke ein ernsthaftes Hindernis für weitere Verhandlungen, die Abbas bisher trotz eines zurückliegenden israelischen Siedlungsmoratoriums (!) stets abgelehnt hat. Die entscheidende Frage an Abbas lautet, warum er nicht dazu bereit ist, den jüdischen Charakter Israels und damit die jüdische politische Souveränität verbindlich anzuerkennen. Sich antirassistisch dünkende Zivilgesellschafter hierzulande sollten nachdenklich werden, wenn Abbas sich weigert, später einmal Juden ein Leben in einem Staat Palästina zu ermöglichen, sollte dies von diesen gewünscht sein. Mit Antisemitismus hat das natürlich nichts zu tun.

Netanyahu ist unter Deutschlands Politikern und Medien nicht beliebt, er gilt als halsstarrig und rechter Hardliner. Man sollte sich in Deutschland, das die Demokratie nach der Vernichtung der europäischen Juden bekanntlich geschenkt bekam, daran gewöhnen, auch diejenigen Juden zu akzeptieren, die nicht ins eigene, durchaus einmal zu reflektierende Weltbild passen und die immerhin gewählte Vertreter ihres souveränen Landes und einer höchst funktionierenden Demokratie sind.

Verbündete des Staates der Juden oder solche, von denen anzunehmen ist, dass sie sich als solche betrachten, tun gut daran, sich klarzumachen, was es bedeutet, sollte eine israelische Regierung zu dem Schluss kommen müssen, dass beispielsweise in Berlin nicht alles unternommen wird, um den Iran vom Griff nach der Bombe abzuhalten, statt jeden Tag den Ausbau von Handelsbeziehungen mit einem antisemitischen Regime zu forcieren.

Deutschland hat sich bereits in der Libyen-Frage nachhaltig isoliert; es bleibt abzuwarten, wie es sich im Falle einer immer näher rückenden militärischen Option gegen das Regime in Teheran verhält.

Begibt Deutschland sich im Kontext außenpolitischer Fragestellungen nun dauerhaft in die Gesellschaft Russlands und Chinas? Setzt man in Berlin ernsthaft auf die iranische Mullahkratie als strategischen Partner? Diese Fragen sind von grundlegender Bedeutung für eine demokratisch verfasste Gesellschaft auch nach innen: findet eine weitere Aufwertung des Islamismus statt, so verabschiedete man sich endgültig von einem Freiheitsbegriff, der universale Geltung beansprucht.

Wenn Berlin sich weigert, die vollständige politische Isolierung Teherans zu exekutieren und schärfere unilaterale Sanktionen mit dem Ziel des Regimewechsels zu beschließen, wird im Falle eines eventuell notwendigen militärischen Schlages gegen iranische Atomanlagen und Revolutionsgarden darüber zu reden sein, wer in Europa dann dafür und für die daraus resultierenden ökonomischen Folgekosten die Verantwortung trägt.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/niemand_soll_sich_sicher_fuehlen/

Jörg Rensmann: Niemand soll sich sicher fühlen

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