Manfred Gerstenfeld: Muslimischer Hardcore-Antisemitismus – vergleichbar mit dem der Nazis

Von Herbert Eiteneier aus dem Englischen ins Deutsche übertragen
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Robert S. Wistrich: Muslimischer Antisemitismus: Eine aktuelle Gefahr.
Berlin, Edition Critic, 2011 (161 S.)

Der Historiker Robert Wistrich hat den Neuberger-Lehrstuhl für die Geschichte des modernen Europa und jüdische Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem inne. Seit 2002 ist er Direktor des Vidal Sassoon International Center for the Study of Anti-Semitism an der Universität.

Nach den hauptsächlich von saudischen Muslimen begangenen Massenmorden in New York und Washington am 11. September 2001 schrieb Wistrich für das American Jewish Committee einen ausführlichen Aufsatz über muslimischen Antisemitismus; er wurde ein Jahr später veröffentlicht.  Das aktuelle Buch auf Deutsch ist eine Aktualisierung dieses Textes. Es schließt mit einem Nachwort, in dem der Autor einen Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt wirft.

Wistrich mach geltend, dass der knallharte Antisemitismus in der arabischen und muslimischen Welt nur mit dem in Nazideutschland vergleichbar ist (S. 109). Eine solche Meinung zum Ausdruck zu bringen ist weit mehr als ein akademisches Urteil. Es ist eine mutige Tat, denn viel behutsamere Kritik an üblen Phänomenen in muslimischen Gesellschaften wird oft schon als Islamophobie etikettiert. Nicht nur Muslime versuchen solche Kritik zu ersticken, sondern auch viele „politisch korrekte” Westler. Diese Individuen haben vor langer Zeit die Wahrheit aufgegeben. Ihr ideologisches Credo ist „Solidarität mit den Schwachen”, was sie regelmäßig zu indirekten oder sogar direkten Verfechtern von ideologischer Kriminalität und ihren Helfern macht.

Wistrich erklärt, dass muslimischer Hass gegen Israel und Juden „ein eliminatorischer Antisemitismus mit völkermörderischer Dimension” ist. Während der Antisemitismus der Deutschen und ihrer Verbündeten letztlich zum  Holocaust führte, sagt Wistrich, kann man „die Wildheit des arabischen und muslimischen Antisemitismus” als „Berechtigungsschein für Völkermord” betrachten. Er erwähnt, dass diese Formulierung von dem bekannten Historiker Norman Cohn geprägt wurde.

Wistrich unterstützt seine These darüber hinaus mit einem Vergleich. Es hat bedeutende Dämonisierung der Juden während des christlichen Mittelalters, der spanischen Inquisition, in der Zeit der Dreyfus-Affäre in Frankreich und im zaristischen Russland gegeben. Doch keiner dieser Fälle ist mit der Intensität und Verbreitung des Nazi- und islamischen Antisemitismus vergleichbar.

Der Autor merkt an, dass die beträchtlichen Parallelen zwischen den beiden Mord propagierenden Ideologien nicht überraschen. Arabischer Nationalismus und islamischer Fundamentalismus entwickelten sich maßgeblich in den 1930-er Jahren, zeitgleich mit dem Aufstieg der Nazis zur Macht in Deutschland. Wistrich erwähnt, dass es schon damals viel Zusammenarbeit zwischen Gruppen in der arabischen Welt und den Nationalsozialisten gab und viele arabischen Denker Hitler bewunderten (S. 110). Als gemeinsame Elemente des muslimischen Antisemitismus und dem der Nazis zählt Wistrich den Fanatismus, den Todeskult, den nihilistischen Wunsch nach Vernichtung und die verrückte Gier nach der Weltherrschaft (S. 101).

Ein Teil der Bedeutung dieses Buches entstammt der Tatsache, dass es uns ermöglicht viel über den muslimischen Antisemitismus in den Jahren vor dem 9/11 zu erfahren. Viele andere Veröffentlichungen zu muslimischem Antisemitismus haben sich auf das letzte Jahrzehnt konzentriert.

Wistrich zeigt, dass alle Schlüsselelemente des muslimischen Antisemitismus beim Übergang in dieses Jahrhundert weitgehend vorhanden waren. Er erwähnt den Gebrauch von Texten des Koran, zu tatsächlichen antisemitischen Hass-Mantras gemacht wurden, die regelmäßigen Importe der Protokolle der Weisen von Zion in die islamische Welt, die Leugnung des Holocaust, die Verbreitung von Ritualmord-Vorwürfen und anderen extrem antisemitischen Stereotype sowie die von den Nazis inspirierten Karikaturen.

Wistrich erwähnt ebenfalls, dass viele muslimische und arabische Einwanderer nach Europa und in westliche Demokratien lange vor dem 9/11 den Antisemitismus ihrer Herkunftsländer mitbrachten. Viele von ihnen entwickelten überdies in ihren neuen Wohnorten Hass gegen Amerika, Israel und die Juden.

Die Konzentration auf von Muslimen geschaffene Probleme könnte sich je nach den Zeiten ändern, aber die Quintessenz bleibt dieselbe. Als Wistrich seinen ursprünglichen Text schrieb, waren die Morde vom 11. September und die Angst vor Anthrax-Anschlägen herausragende Themen (S. 59). Diese sind seitdem zweitrangig geworden. Man kann Wistrich zustimmen, wenn er schreibt, dass die Schlüsselelemente bereits seit mindestens zwanzig Jahren hervorgetreten waren (S. 87).

In seiner Analyse der muslimischen Haltungen zur Holocaustleugnung ist eine von mehreren Fragen, denen Wistrich seine Aufmerksamkeit widmet, die Affäre Garaudy. Dieser französische, zum Islam konvertierte Intellektuelle behauptete in seinem Buch „The Founding Mythos of Modern Israel” (Die Gründungsmythen des modernen Israel), dass die Juden selbst den Holocaust geschaffen hätten, um finanziell und politisch davon zu profitieren. Garaudys Text wurde in vielen Ländern des Nahen Ostens zum Bestseller. Er wurde in großen Teilen des Nahen Ostens zum Helden und seine Popularität nahm zu, nachdem er 1998 vor Gericht verurteilt wurde. (Die Ehefrau des Oberhaupts der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheik Zayed ibn Sultan al-Nahayan, gab eine große Spende für seine Verteidigung. Sieben Mitglieder der Anwaltsvereinigung von Beirut boten ihm Hilfe für seine Gerichtsverhandlung an und die Arabische Anwaltsunion in Ägypten schickte ein Anwaltsteam nach Paris, um Garaudy bei seiner Verhandlung zu unterstützen [S. 79-81].)

Man kann nur ein paar wenige der vielen anderen wichtigen Fragen herausheben, die der Autor aufbringt. Darunter ist der Einfluss der „political correctness” im Westen. Wistrich behauptet, dass, als die Präsidenten George W. Bush und Obama den Krieg gegen die Al-Qaida als „Krieg gegen den Terror” bezeichneten, um nicht den Islam als Religion zu beleidigen, sie ihm seinen Inhalt nahmen.

Es gibt viele weitere Manifestationen dieser politischen Korrektheit. Den vielen Morden an unschuldigen Zivilisten durch Jihadisten treffen im Westen immer noch auf „zwiespältige und zögerliche” Reaktionen. Die Menschen reagieren so, um die Kritik der Doktrinen des Islam zu vermeiden.

Ereignisse, die nach der Veröffentlichung dieses Buches stattfanden, bieten weitere Belege für Wistrichs Analyse. Im vergangenen Jahr wurden Tausende muslimische Zivilisten getötet, die große Mehrzahl von ihnen von ihren Glaubensbrüdern. Im März 2012 ermordete Mohamed Merah aus ideologischen Gründen drei französische Soldaten, einen jüdischen Lehrer und drei jüdische Kinder. Diese ruchlosen Taten demonstrieren die Ergebnisse der kontinuierlichen Hetze gegen den Westen, die Juden und Israel.

Nach Merahs Morden bemühten sich manche, seine Verbrechen zu beschönigen. Einige Muslime schwelgten von ihm als Helden. Er wurde auf einer Facebook-Seite glorifiziert. Diese musste auf Ersuchen der französischen Behörden vom Netz genommen werden. Allerdings wurde diese Begeisterung stärker unterdrückt als die Freude, die in vielen muslimischen Kreisen wegen des „Erfolgs” der Morde vom 9/11 zur Schau gestellt wurde.

Weit schädlicher ist jedoch die Tatsache, dass westliche Politiker und Medien es weiterhin vermeiden die Hauptfragen anzusprechen. Stattdessen ziehen sie es vor zu fragen, wie ein „einsamer Wolf”-Mörder zu seinen Taten kommt.  Die Hauptfrage, die detaillierter veranschaulicht, was hätte sein können: Wer sind die wahren Hetzer zu Mord und Hass in der muslimischen Welt? Wie sind sie organisiert? Wie viel Unterstützung haben diese Hetzer in den verschiedenen muslimischen Ländern und in der westlichen Welt? Welche Organisationen bringen hasserfüllte Imame und andere Hetzer in die westliche Welt? Nach den jüngsten Morden in Frankreich verbot die Regierung Besuche religiöser muslimischer Hassprediger. Einer der ersten, dem die Einreise verweigert wurde, war Scheik Yussuf al-Qaradawi, der geistige Führer der Muslimbruderschaft. Diejenigen, die ihn nach Frankreich eingeladen hatten, waren keine marginalen Gruppen, sondern die große Union des Organisations Islamiques de France (UOIF – Union der islamischen Organisationen Frankreichs).

Wistrich war einer der ersten, die die Bekundungen der außergewöhnlichen ideologischen Kriminalität beschrieben – wie die Aufforderung zu Morden im Namen des Islam und die Glorifizierung von Terroristen – die bereits vor einem Jahrzehnt große Teile der muslimischen Welt durchdrungen hatten, darunter auch die palästinensische Gesellschaft. In dieser neuen Ausgabe schärft er diese Perspektive ohne irgendetwas Grundsätzliches zurückzunehmen, das er in der früheren Ausgabe schrieb. Das ist in sich eine achtbare Leistung.

In seinem Vorwort erklärt Clemens Heni, dass der Nachkriegsantisemitismus in Deutschland niemals so akzeptiert und verbreitet war wie heute.  Er verficht, dass der deutsche Antisemitismus-Experte Werner Bergmann fälschlicherweise behauptet hat, der Antisemitismus in Deutschland sei selten so an den Rand gedrängt worden. Heni, der Wistrichs Buch übersetzte, betont, dass es trotz der Tatsache, dass Wistrich seit Jahrzehnten genau eine solche, spezifische Analyse des Islamismus, der Muslimbrüder und des arabischen Nationalismus gefordert hat, immer noch wenig ideologische Analyse der verschiedenen Formen des Islamismus gibt.

Am Ende des Buches finden sich einige Hass-Karikaturen aus der arabischen Welt. Sie bieten weitere Beispiele des extremen Hasses gegen Israel und Juden in wichtigen arabischen Medien. Dazu gehören das Cover eines Buches mit einem in einen Davidstern eingearbeitetem Hakenkreuz, das die Union der arabischen Anwälte 2001 auf der UNO-Rassismuskonferenz (WCAR) in Durban verteilte, ein Bild von Ariel Sharon als Hitler-Nachfolger in der wichtigen ägyptischen Zeitung Al-Gumhuria und eine kurze Liste der Naziverbrechen im Vergleich mit der langen Liste der „Verbrechen” Israels in der syrischen Zeitung Tishreen, die mit der Regierung des Landes verbunden ist. Diese liefern grafische Beweise für Wistrichs zielgenaue These zur wahren Natur des muslimischen Antisemitismus.

Manfred Gerstenfeld ist Vorsitzender des Aufsichtsrats des Jerusalem Center of Public Affairs. Er hat mehr als 20 Bücher veröffentlicht, von denen mehrere von Antisemitismus und Antiisraelismus handeln.

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