Wahied Wahdat-Hagh: Die Verfolgung der Bahai und die iranischen Präsidentschaftswahlen

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Im Vorfeld der sogenannten Präsidentschaftswahlen im Iran ist die Verfolgung der Bahai zum politischen Thema geworden. Jamile Kadivar spricht von Rechten, die die Religionsgemeinschaft der Bahai als Iraner haben. Indessen forderten junge Bahai bei einer Wahlveranstaltung in Isfahan ihr Recht auf einen Studienplatz.

Im Iran konkurrieren lediglich vier Islamisten der ersten Stunde um den Platz des iranischen Präsidenten: Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad, Mohssen Rezaie, Ex-General der iranischen Revolutionsgardisten und „gemäßigter Konservativer, Mehdi Karoubi, Mitbegründer der kämpfenden Geistlichkeit,und Mir Hussein Moussavi, Ex-Ministerpräsident.

Von freien Wahlen kann hier keine Rede sein. Eher weisen die sogenannten Präsidentschaftswahlen auf die Tatsache hin, dass das islamistische Establishment der totalitären Diktatur des Iran sich über die Taktiken, wie die Ziele der islamischen Revolution zu verwirklichen sind, nicht immer einig ist.

Interessant ist, dass im Vorfeld genau dieser Pseudo-Wahlen die Verfolgung der Bahai im Iran ein Thema geworden ist.

Jamile Kadivar verteidigt die Rechte der Bahai als Iraner

Die Freiheit der Bahai ist Thema bei reformislamistischen Intellektuellen geworden. Beispielsweise hat sich Frau Jamile Kadivar, Professorin für Politikwissenschaft, die sich für die Wahl des Klerikers Mehdi Karoubi zum Präsidenten aktiv einsetzt, wie folgt geäußert: „Die Bahai verfügen als iranische Bürger über Rechte, die die Regierenden beachten und offiziell anerkennen müssen.”

Ähnlich hatte sich Ayatollah Montazeri geäußert. Er hatte sich zudem dafür ausgesprochen, die Bahai dennoch politisch zu bekämpfen, weil er als Muslim die Bahai-Religion nicht anerkennt.

Für Frau Diane Alai, Sprecherin der Bahai International Community, sind die Ausführungen von Frau Kadivar sehr positiv zu bewerten, weil damit deutlich werde, dass die Verletzung der Menschenrechte in der iranischen Gesellschaft durchaus diskutiert wird. Es muss hinzugefügt werden, dass die Menschenrechte der Bahai aber vom totalitären islamistischen Staat systematisch missachtet werden.

Diane Alai betonte, dass genauso wie die Bahai sich für Menschen- und Frauenrechte oder die Freiheit des Studiums für alle Iraner einsetzten, gäbe es auch gesellschaftliche Solidarität mit den Bahai. Diane Alai hob hervor, dass viele Iraner heute die staatliche Unterdrückung der Bahai ablehnten. Die iranischen Bahai wollten lediglich ihre Religion, wie alle anderen Iraner, ausüben und als Iraner dem Fortschritt ihres Landes dienen, sagte Alai in einem Interview mit Radio Zamane.

Ayatollah Khomeini: Bahai haben keine Rechte im Iran

Hussein Schariatmadari, Herausgeber der Zeitung Kayhan und ein Berater des iranischen „Führers”, stellt hingegen Jamile Kadivar wie eine Vaterlandsverräterin dar. Kayhan, eine Zeitung, die als Sprachrohr des zweiten Revolutionsführers Ali Khamenei gilt, verleugnet die Bahai-Religion. Auch in der iranischen Gesetzgebung wird die Bahai-Religion nicht als Religion anerkannt. Schariatmadari meint, die Bahai seien eine „Partei, die fünfte Säule Israels und eine terroristische Gruppe.”

Schariatmadari zitiert auch den ersten iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini, der schon im Jahr 1962 die Forderung vorbrachte, dass die „Bahai kein Recht haben sollen religiöse Versammlungen durchzuführen.” Heute ist dies staatliches Gesetz geworden.

Anhänger von Ayatollah Borujerdi verteidigen Bahai

Die Anhänger des verhafteten Ayatollah Kazemeini Borujerdi haben in einer Erklärung die staatlichen Repressionen gegen die Angehörigen der Bahai-Religion kritisiert.

Der Gesundheitszustand von Ayatollah Borujerdi, der sich im Gefängnis aufhält, ist gegenwärtig besonders kritisch. Dieser schiitische Kleriker fordert die Trennung von Staat und Religion, was in der Tat die ideologische Grundlage der herrschenden khomeinistischen Staatsideologie der „absoluten Herrschaft des Klerus” unterminiert.

Die staatliche Verfolgung der Bahai ist gesetzeswidrig

Hussein Kashani meint, dass noch nicht einmal die herrschende Strafgesetzgebung beachtet würde, wenn es um die Behandlung der Bahai ginge. Beispielsweise heißt es in Paragraph 570 der iranischen Strafgesetzgebung, dass alle „staatlichen Instanzen, die anders als im Gesetz vorgeschrieben die persönlichen Rechte von Individuen verletzen” bestraft werden müssen.

Im Iran werden sie aber belohnt.

Für Kashani ist die Behandlung der Bahai sogar nach herrschendem iranischen Gesetz gesetzeswidrig.

Kashani führt aus, dass Mahvash Sabet, eine der sieben Frauen und Männer, die als Mitglieder einer nationalen Koordinationsgruppe der Bahai-Gemeinde in Haft sitzen, schon am 5. März 2008 verhaftet worden sei. Sie sei, wie viele andere Bahai, in inoffizieller Form aufgefordert worden sich beim Geheimdienst zu melden und sei dann verhaftet worden. Der Anlass ihrer Verhaftung war, dass sie sich um die Beisetzung eines Bahai in Mashad gekümmert habe. Willkürlich werden immer wieder Bahai daran gehindert ihre Toten zu begraben. Kürzlich wurde das Gelände eines Bahai-Friedhofes in der nördlichen Provinz Mazandaran von den iranischen Behörden sogar zum Verkauf angeboten. Zuvor war der Friedhof zerstört worden, berichten die Human Rights Activists Iran.

Auch für die anderen sechs führenden Bahai, die seit 14. Mai in Haft sitzen, gibt es nur absurde und keine konkreten Vorwürfe. Sie seien Spione, würden Verschwörungen planen und gegen den Staat Propaganda betreiben. Ihnen wird inzwischen vorgeworfen „Mofssed Fel-Arz”, „Missetäter der Erde” zu sein. Dafür schreibt das islamische Gesetz die Todesstrafe vor. Kashani schreibt, dass die Richter oft aus purem „religiösen Fanatismus” urteilen würden.

Die sieben Bahai haben seit einem Jahr kaum Tageslicht gesehen. Sie befinden sich in kleinen Zellen, die kein Fenster haben. In der Woche würden sie wenige Minuten die Möglichkeit haben ein wenig Tageslicht zu bekommen, wenn sie den Raum verlassen. Seit über einem Jahr müssen sie nach Aussagen von Kashani auf hartem betoniertem Boden schlafen, so dass ihre Körper schon schmerzhafte Wunden tragen.

Tatsache ist auch, dass bei regelmäßigen willkürlichen Verhaftungen iranische Staatsbeamte das private Eigentum der Bahai, vom Bargeld über wertvolle Gegenstände bis hin zu heiligen Bücher regelrecht stehlen, schreibt Kashani.

Oft ist es vorgekommen, dass bei Verhaftungen sogar Kinder gequält wurden.

Bahai-Studenten protestieren

Wie Iranpresswatch am 29. Mai berichtete, protestierten junge Bahai indessen für das Recht der Bahai auf einen Studienplatz. Bei einer Rede des Präsidentschaftskandidaten Mir Hussein Moussavi an der Isfahaner Universität am Samstag den 22. Mai hielten die jungen Bahai stillschweigend Transparente hoch, auf denen das Recht auf ein Studium für Bahai gefordert wurde.

Zivilgekleidete Geheimdienstmitarbeiter beschlagnahmten sofort die Plakate. Der Kandidat Moussavi reagierte aber noch nicht einmal auf diesen Zwischenfall.

Wahied Wahdat-Hagh: Die Verfolgung der Bahai und die iranischen Präsidentschaftswahlen

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