Schooligans für Bildung & Frieden

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Am Ende stand eine Erklärung, die alles nur noch schlimmer machte: Bei den Verwüstungen, die mehrere hundert Schülerinnen und Schüler am vergangenen Mittwoch in der Berliner Humboldt-Universität anrichteten, habe es sich, wie die „SchülerInnen-Initiative ‚Bildungsblockaden einreißen!’” mitteilen ließ, „nicht um gezielte Taten” gehandelt, „sondern um die Folge einer über lange Zeit aufgestauten Wut”. Das Bemerkenswerte an dieser Rechtfertigung ist die Selbstverständlichkeit, mit der der – nur scheinbaren – Wahllosigkeit der Angriffe auch noch grundlegendes Verständnis gezollt wird. Immerhin hatte sich die „aufgestaute Wut” ja als regelrechte Raserei entpuppt, deren Besinnungslosigkeit die Masse erst zum Mob machte, der dann tatsächlich nicht mehr bewusst handelte, sondern sich gleichsam intuitiv austobte. Und genau diese Intuition bestimmte das gemeinschaftliche Handeln, das sich selbst Zweck war, sowie die Ziele und das Ausmaß der Zerstörung.

Deshalb ist es eben kein Zufall, dass die Ausstellung „Verraten und verkauft” schwer demoliert wurde (Foto). Es ist kein Zufall, dass Porträts von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – darunter das Bild einer von den Nazis ermordeten Mathematikerin – zertrümmert und Bücher aus dem Fenster geworfen wurden, ganz in der Nähe jenes Platzes, auf dem die Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 die Bücherverbrennung ins Werk gesetzt hatten. Und es ist kein Zufall, dass „Scheiß Israel!” gerufen wurde. Dass die Schooligans ihre zerstörerischen Aktivitäten auch noch vielstimmig mit „Anticapitalista”-Rufen untermalten und ihnen so das ideologische Gerüst gaben, fügt sich dabei perfekt ein: Wer seine Ressentiments – und um nichts anderes handelt es sich – ausgerechnet gegen eine Ausstellung über jüdische Unternehmen zur Zeit des Nationalsozialismus richtet, zeigt, wo er die Schuldigen, vulgo: „die Kapitalisten”, verortet und was er ihnen an den Hals wünscht.

All jenen, die über die „Bildungsblockade” so verzweifelt sind, dass sie glauben, sich aufführen zu müssen wie ein SA-Nachwuchstrupp, sei übrigens ein heißer Karrieretipp gegeben: Das Goethe-Institut honoriert derlei schon mal mit der Berufung zum „Friedensbotschafter” im Nahen Osten. Das einzige, was man für diesen Job an zusätzlichen Qualifikationen benötigt, ist, glaubwürdig einen auf Rapper zu machen und sein Weltbild in Worte zu gießen, wie sie Wasiem Taha aka „Massiv” – der gerade für den Goetheverein durch die Palästinensergebiete tourt – in seinem Stück „Blut gegen Blut” gefunden hat: „Mein Satz ist Sprengstoff, meine Hand am Sprengknopf! / Dropkick auf dein Kopf, dein Blut, kein Stopp! / Ihr macht alle Popshit, die Kugel kommt mit Absicht! / Bleiben wir mal sachlich, Geld her und lach nich‘! / Zu heißes Klima, Herkunft Palästina! / Arbeitslos gemeldet, trotzdem kauf ich mir ein‘ Siebener! / Keine Rotation, als wär’ ich Al-Qaida.” Mit solchen oder ähnlichen Friedensbotschaften schafft man es hierzulande dann auch, in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten lobend erwähnt zu werden.

Unterdessen bemüht sich eine weitere Berliner Hochschule, die Freie Universität, ihr Scherflein zu Bildung & Frieden beizutragen, indem sie nämlich eine Ringvorlesung organisiert. Warum sich Venezuela, dessen Präsident zu seinem iranischen Amtskollegen bekanntlich eine besonders herzliche Freundschaft pflegt, in besserer Verfassung befindet als Europa, wurde dort schon diskursiv verhandelt. Am kommenden Mittwoch spricht nun „ein israelischer Friedenskämpfer” zur, na klar, „verzweifelten Lage der Palästinenser” und fragt sich mit den Veranstaltern: „Welche Lösung sollen wir anstreben?” Vielleicht hat Reuven Moskovitz darüber hinaus noch ein paar praktische Tipps in Bezug auf die verzweifelte Lage der Schülerinnen und Schüler, die ja quasi die Palästinenser des deutschen Bildungssystems sind, zur Hand. Zumindest wird er ihnen verraten können, wie man auch ohne Hochschulabschluss an einen Doktortitel kommt und so die „Bildungsblockade” geschmeidig umgeht.

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