Blinder Konsens gegen Israel

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Während der nahöstliche Friedensprozess zwischen Israelis und der PA erwartungsgemäß an mangelnden Zugeständnissen der Palästinenser vorläufig gescheitert ist, während Mahmoud Abbas damit droht, die Osloer Verträge  – und damit Sicherheitsvereinbarungen vor Ort mit Israel – endgültig zu beerdigen, sieht die Europäische Union einmal mehr nur einen Schuldigen: Israel.

 

Am vorvergangenen Freitag hatte Baroness Ashton von der britischen Labour Party, ihres Zeichens Außenbeauftragte der EU, den minimalen Ausbau bereits bestehender jüdischer Ansiedlungen in der Westbank zum Anlass genommen, diesen Ausbau in einer Erklärung als kontraproduktiv für ein Vertrauensklima zwischen Israelis und Palästinensern zu bezeichnen, das notwendig für einen erfolgreichen Verhandlungsprozess sei.

Damit lag aus europäischer Sicht die Schuld am vorläufigen Scheitern der Verhandlungen bei Israels Regierung.

Genau ganze 26 Worte war der britischen Linken die Verurteilung des  palästinensischen Mordanschlages gegen den israelischen Vater von vier Kindern Baruch Mizrahi wert, ein Anschlag, so israelische Sicherheitskreise, der sorgfältig geplant und ausgeführt worden ist, und zwar nicht zufällig kurz vor Pessach.

Abbas hat bis heute diesen Anschlag öffentlich nicht verurteilt, und gegenüber den palästinensischen eigenen Clans hilft nur ein öffentliches Wort seitens einer Autorität, das ja offenkundig gerade vermieden werden soll.

Der israelische Außenminister Lieberman reagierte auf Ashtons verzerrte Realitätswahrnehmung, indem er  ironisch auf die politischen Erfolge der EU in jüngster Zeit anspielte: „Während die Welt sich darum bemüht, die Krise in der Ukraine zu lösen, während unschuldige Menschen in Syrien abgeschlachtet werden, während es weiterhin Selbstmordbombenanschläge im Irak gibt, hat Catherine Ashton ein Statement zur wirklichen Gefahr für den Weltfrieden abgegeben. Glücklicherweise weiß die Europäische Union, wie man Krisen in der Welt identifiziert und schnell und entschieden handelt.“

Der EU war eine Verurteilung von Abbas, der durch seinen aktuell neuerlichen Schwenk zur Aufwertung der PA über internationale Gremien und Verträge das  Vertrauensklima in direkten Verhandlungen mit Israel zerstörte und explizit gegen Abmachungen mit den USA und Israel verstieß, keine Zeile wert.

Dies fördert nicht gerade ein israelisches Vertrauen in eine EU, die sich faktenresistent gegen wichtige Einsichten zum Nahostkonflikt sperrt, eine europäische Gemeinschaft, die im Umgang mit der von Russland ausgelösten Krise um die Ukraine schlingert und wenig entschieden auftritt. Es ist der deutsche Außenminister Steinmeier, der weitere, vor allem schmerzhafte Wirtschaftssanktionen gegen das Russland des ehemaligen KGB-Mannes Putin blockiert und mit dazu beiträgt, ein ohnehin brüchiges Vertrauen in das, was sich westliche Wertegemeinschaft nennt, weiter erodieren zu lassen.

Sollten nämlich Sicherheitsgarantien des Westens etwa Polen, Finnland und dem Baltikum gegenüber tatsächlich wertlos sein, wer sollte dann von einer israelischen Regierung erwarten dürfen, die Sicherung sensibler Außengrenzen ausgerechnet NATO oder EU zu überlassen?

Nein, die israelische Regierung verlässt sich, auch angesichts abenteuerlicher Zugeständnisse an die Schlächter in Teheran, die gerade laut Amnesty einen neuen Hinrichtungsweltrekord aufstellen, in Sicherheitsfragen besser auf sich selbst und eine Bevölkerung, die überwältigend mehrheitlich hinter ihrer demokratisch legitimierten Regierung steht, der sie augenblicklich gerade wegen des an den Palästinensern scheiternden Friedensprozesses besonders vertraut, wie jüngste Umfragen belegen.

Man mag in Europa die Weigerung Netanjahus, sich eindeutig zu einem Stopp des Ausbaus bereits bestehender jüdischer Siedlungsblöcke in der Westbank zu bekennen, als ein Hindernis für einen dauerhaften Frieden mit den Palästinensern ansehen, es ist keineswegs das Kernproblem: jüdische Ansiedlungen außerhalb des israelischen Kernlandes waren explizit kein Hindernis für die israelischen Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien.

Wie vielleicht erinnerlich, gab es bereits ein Siedlungsmoratorium seitens´ Netanjahu: In den ersten neun Monaten dieser von Netanjahu für zehn Monate bestimmten Frist ab November 2009 haben sich die Palästinenser keinen Zentimeter bewegt.

Man sollte vorurteilslos zur Kenntnis nehmen, dass es die israelische Regierung war, die auch in der jüngsten Verhandlungsrunde als Zugeständnis an palästinensische Forderungen verurteilte palästinensische Terroristen und in manchen Fällen Massenmörder freiließ, die von Präsident Abbas begeistert empfangen wurden. Die israelische Regierung hat diesen innenpolitisch aus verständlichen Gründen umstrittenen Akt als ersten Schritt, als Geste vollzogen, nicht als logischen letzten Akt vor einer unmittelbaren palästinensischen Staatsgründung. Sie hat dafür nichts, rein gar nichts zurückerhalten. Stattdessen haben sich die Palästinenser unter Abbas, der sich bereits 2008 weitestgehenden israelischen Zugeständnissen unter Ehud Olmert verschloss, in der alles entscheidenden Frage verweigert: der Anerkennung des jüdischen Staates als jüdischer Staat ohne Wenn und Aber.

Abbas konfrontiert seine eigene Bevölkerung damit nicht, denn es hieße, eine jüdische politische Souveränität nach dem Holocaust im Nahen Osten dauerhaft zu akzeptieren. Für Abbas aber existieren Juden nicht als Nation, nicht als politischer Souverän, höchstens als Religionsgemeinschaft, die aufgrunddessen keine politische Souveränität in Anspruch nehmen dürfe.

Das und damit verbunden ein sogenanntes Recht auf Rückkehr ins heutige israelische Kernland von per UN-Definition zu Dauerflüchtlingen konstruierten Palästinensern auch in der x-ten Generation ist ein Haupthindernis für einen Frieden im Nahen Osten, vom drohenden Schatten eines atomar bewaffneten, antisemitisch motivierten Terrorregimes in Teheran nicht zu schweigen.

Mag Abbas auch ein Getriebener sein, und ein Grund für das Scheitern der jüngsten Verhandlungen auch darin begründet sein, dass der palästinensische Führer fürchtet, angesichts von Zugeständnissen bald von Mohammed Dahlan aus dem Dahlan-Clan, der ausgezeichnete Beziehungen zu Saudi-Arabien unterhält und daher saudische ( und ägyptische ) Interessen gegen Hamas durchsetzen könnte, ersetzt zu werden, so entlässt das gerade nicht die Europäer aus ihrer Verantwortung.

Abbas muss sich nicht bewegen, solange er Signale wie jüngst die aus dem UN-Menschenrechtsrat empfängt: dort haben die 46 Mitgliedsstaaten einschließlich Deutschlands neulich fünf Resolutionen gegen Israel passieren lassen – allein die Vereinigten Staaten stimmten mit nein. Die Botschaft an Abbas  lautet ganz simpel: warum verhandeln, solange auf den Antiisraelismus einer  UN Verlass ist?

Dass die Europäer  Realitäten vor Ort nicht wahrnehmen, gegen Fakten resistent seien, ist sicher richtig, greift aber zu kurz.

Gerade in Deutschland wird der besondere Charakter der Beziehungen zu Israel, dem Staat, der tragischerweise  zu spät entstand, aus einer moralischen Verpflichtung heraus gerne öffentlich betont. Bis zu einem gewissen Grade unterstützt Deutschland Israels Verteidigungsfähigkeit bisher noch militärisch und diplomatisch, doch sind auch hierzulande Politiker und Öffentlichkeit oft schlecht oder falsch informiert.

Wer erinnert sich nicht noch an Martin Schulz´ Rede kürzlich vor der Knesset, als er mit nachweislich falschen Zahlen zum Wasserverbrauch von Israelis und Palästinensern jonglierte? Dabei kann man es leicht besser wissen, sofern daran Interesse besteht.

So weit liegt Deutschland vom übrigen europäischen Konsens gegen Israel nicht entfernt, nur dass deutsche Politiker ihren häufig auf falschen Informationen beruhenden  Unwillen gegen Israel selten öffentlich artikulieren.

Deutsche Medien aber veröffentlichen eindeutig antisemitische Karikaturen; der Antisemitismusbericht der Bundesregierung von vor ein paar Jahren ist konsequenz-  und folgenlos längst zu den Akten gewandert.

Entscheidender noch: Deutsche Schulbücher zeichnen bislang in ihrer Mehrheit ein derart verheerendes, derart wahrheitsverzerrendes Israelbild ausgerechnet, wo es um Wissensvermittlung in sensiblen Fragen an jüngere Generationen geht, dass sie im internationalen Vergleich als höchst problematisch bewertet werden und eine echte Gefahr für eine Erziehung sind, die zu Mündigkeit und Urteilsfähigkeit beitragen soll.

Das Beispiel zeigt, dass, wo es um europäisch-israelische Beziehungen geht, genau hingesehen werden muss.

Deutsche Politiker, die auf einen vollständigen Rückzug Israels aus den Gebieten drängen, sollten die Realitäten der palästinensischen Gesellschaft zur Kenntnis nehmen, bevor sie vorschnell urteilen. Sie sollten sehen, wie sich die palästinensischen Führer im Innern verhalten. Sie sollten, wenn ihnen an einem dauerhaften Frieden gelegen ist, gerade auf die Palästinenser einwirken, denen sie doch so viel Empathie entgegenbringen.

Sie sollten den Judenhass zur Kenntnis nehmen, wie er in den palästinensischen Gebieten vorherrscht. Sie sollten die Strukturen der palästinensisch-arabischen Gesellschaft kennen. Sie sollten endlich die Verlautbarungen der palästinensischen Medien und Autonomiebehörde zur Kenntnis nehmen, wie sie unter anderem von einer Organisation wie Palestinian Media Watch gut dokumentiert sind.

Sie sollten sich klarmachen, dass der israelische bisherige Verhandlungspartner Mahmoud Abbas die Mörder israelischer Zivilisten hofiert und feiert und deren Familien erheblich alimentiert.

Sie sollten sich fragen, was genau mit deutschen Steuergeldern in den palästinensischen Gebieten geschieht.

Sie sollten sich ehrlich die Frage stellen, ob ihre eigenen Parteistiftungen mit ihren palästinensischen Partnern dazu beitragen, eine palästinensische Zivilgesellschaft aufzubauen, die diesen Namen auch verdiente, wenn sie sich nämlich endlich an zivilisatorischen Mindeststandards orientierte, und nicht an antisemitischer Hetze, Schwulenhass, Frauenfeindlichkeit und Rassismus. Deutsche Politik könnte und sollte, und das keineswegs ausschließlich aus Gründen einer häufig als Last empfundenen Verpflichtung Israel gegenüber, eine besondere Rolle bei der Transformation der palästinensischen Gesellschaft  hin zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit spielen.

Noch aber scheint Skepsis angebracht, wenn man sich, um nur ein Beispiel zu nennen, das Wirken etwa der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah näher anschaut. Diese Stiftung wird sich die Frage gefallen lassen müssen, ob sie nicht, allen anderslautenden Statements zum Trotz, und hier geht es sehr wohl auch um die Verwendung von Steuergeldern, vor Ort, das heißt in den palästinensischen Gebieten, eine Politik der Aufwertung von Islamismus und Israelfeindschaft betreibt: http://www.a3wsaar.de/aktuelles/details/d/2014/04/14/streit-um-hilfsbusiness-flugschrift-geht-weiter/

 

Gerade auf diese Weise  trägt Deutschland nicht dazu bei, ein Klima mit vorzubereiten, dass es Israel ermöglicht, Vertrauen in eine palästinensische Führung zu entwickeln. Deutschland sollte, um die Beziehungen zu Israel in dieser Frage mit Leben zu füllen, auf seine palästinensischen Partner einwirken, um die Dinge von Grund auf, dass heißt von der Basis einer palästinensischen Gesellschaft aus zu ändern, was übrigens nicht heißt, nicht auch auf Abbas erheblichen Druck auszuüben.

 

Jörg Rensmann is a board member of  the SPME German Chapter. This piece was written exclusively for SPME 

 

 

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