Karl Pfeifer: Die „Israel-Lobby” und 3sat

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Der oberflächliche Zuschauer der 3sat Kulturzeit vom 7.9. 2007, in der über die Kontroverse über das Buch „Israel Lobby“ berichtet wurde, konnte glauben, einen ausgewogenen Bericht gesehen zu haben, ließ doch der Amerikakorrespondent auch ADL-Vorsitzenden Abe Foxmann zu Wort kommen. Doch der Schein trügt.

Hier einige kurze Auszüge aus dem Bericht:

Anmoderation A. Mayer:… Die beiden Autoren Mearsheimer und Walt gehen sogar so weit und sagen, die sogenannte Israel Lobby hätte das Land in den Irak-Krieg gestürzt….

Mearsheimer: „Wir haben ein erhebliches Terrorismusproblem in der Welt – wie Sie als Europäer sehr wohl wissen – und dieses Terrorismusproblem basiert weitgehend, nicht ausschließlich wohlgemerkt, auf unserer Unterstützung der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern….“

Uwe Kröger: „Thema Irak-Krieg: Obwohl Tel Aviv zunächst einen Waffengang gegen den Iran befürwortet hätte, unterstützte die Israel-Lobby schließlich doch die Irak-Invasion.“

Mearsheimer: „Unter den amerikanischen Juden lehnten zwar zehn Prozent mehr den Irak-Krieg ab als der amerikanische Durchschnitt, die offizielle Israel-Lobby jedoch war dann eine der Haupttriebfedern für den Krieg.“

In einem Interview mit Tom Ashbrook vom Bostoner NPR’s On Point Programm am 5.9.2007 widersprach Mearsheimer seiner eigenen Kernaussage. Hier ein Auszug, den man auch im Internet anhören kann.

Ashbrook: Das Argument wurde geäußert, dass der Iran die größte Angst Israels ist. Wenn dann die Israel-Lobby so mächtig ist, warum sind dann die USA in den Irak gegangen? Das ist doch nicht die israelische Sorge Nr.1. Ist hier nicht ein Widerspruch John, wie Sie den Irak [Krieg] als Resultat des Einflusses der Israel Lobby beschrieben haben?

Mearsheimer: Nein, Tom. Es ist ganz klar, dass Anfang 2002 – nun erinnern Sie sich wir sind in den Irak im März 2003 gegangen. Im frühen 2002 als die Israelis die Tatsache erfuhren [caught wind], dass wir ernsthaft an Irak denken, da kamen sie nach Washington und sagten uns, dass sie bevorzugen würden, dass wir Iran zuerst dran nehmen. Die Israelis haben ganz klar gedacht, dass der Iran die größere Bedrohung wäre als der Irak. Nicht dass sie uninteressiert gewesen wären, uns Regimewechsel im Irak und in Syrien vornehmen zu lassen, es war nur dass sie den Iran bevorzugten.

Doch als sie verstanden, dass Irak die erste Operation sein wird und wir dann uns mit Iran und Syrien beschäftigen würden, haben sie die Idee der Attacke gegen Irak angenommen, obwohl sie uns ständig erinnerten, dass wir Iran und Syrien danach dran nehmen müssten.

So sehen wir von Anfang 2002 und bis der Krieg im März 2003 begann, dass die Israelis uns sehr hart bedrängen, härter als irgendein anderes Land außerhalb der USA, in den Krieg zu ziehen gegen Saddam Hussein.“

http://pointers.audiovideoweb.com/stcasx/ca25win25213/wm_ashbrook.wma/play.asx

http://www.onpointradio.org/shows/2007/09/20070905_a_main.asp

Nachdem was Mearsheimer gerade sagte, haben die Israelis anstatt die USA in einen Krieg gegen den Irak zu drängen oder zu manipulieren, „verstanden, dass Irak die erste Operation sein wird,“ was klar macht, dass es eine USA-Entscheidung war, mit der Israel lediglich einverstanden war. Immerhin haben die Israelis Anfang 2002 lediglich „caught wind“ über die USA-Pläne Saddam zu stürzen, so konnten sie schwerlich diese Pläne selbst ausgeheckt oder mitgeplant haben.

Die sehr israelkritische New York Times publizierte am 6.9.07 eine Rezension unter dem Titel „eine anklagende Schrift gegen Israel und seine Unterstützer“, aus der ich folgenden Absatz übersetzt habe.

„Der generelle Ton der Feindschaft gegen Israel geht auf die Nerven, jedoch mit dem beachtlichen Eindruck, dass auch nüchterner politischer Realismus seinen eigenen eigentümlichen Phantasien unterworfen sein kann. Israel ist einfach kein Land unter vielen, genauso wie zum Beispiel es auch Großbritannien nicht ist. Amerikaner fühlen starke Verbindungen der Geschichte, der Religion, der Kultur und ja, der Gefühle, welche die Autoren anerkennen aber nur in einer leichtfertigen, abstrakten Art.

Sie scheinen auch zu fühlen, dass wenn Israel und ihr Lobby auf die Seite gedrängt würden, die Wüsten mit Blumen aufblühen würden. Es würde sicher ein Friedensarrangement mit Syrien folgen, mit dem daraus resultierenden Ende der feindlichen Aktivitäten der HizbAllah und der Hamas. Dann käme ein palästinensischer Staat zustande, der damit die Al Kaida ihres hauptsächlichen Rekrutierungswerkzeugs berauben würde. (Die Autoren lehnen die Idee ab, dass islamistischer Terror wegen anderer Gründe gedeiht.) Nun ja, Iran wird als ein Problem gesehen, aber die Autoren argumentieren, dass niemand sich besonders aufregen soll wegen Iran mit Atomwaffen. Und so weiter.“

http://www.nytimes.com/2007/09/06/books/06grim.html?em&ex=1189224000&en=8f89c79af3597120&ei=5087%0A

Anstatt auf solche Widersprüche einzugehen, lassen die Autoren dieses Kulturzeitberichts Abe Foxman zu Wort kommen, der ein Funktionär ist und selbst ein Buch geschrieben hat über „große Lügen“, womit der Eindruck entstehen soll, es wäre lediglich eine Diskussion zwischen der „Israel-Lobby“ vertreten von Foxmann und Mearsheimer & Walt.

Kulturzeit erwähnt auch, dass „Israel-Lobby“ auf der amerikanischer Bestsellerliste ganz vorne steht, Abe Foxmans Buch aber an tausendster Stelle nachhinkt.

Wieder einmal ein nicht ganz ungeschickt manipulierter Kulturzeit-Bericht.

Karl Pfeifer: Die „Israel-Lobby” und 3sat

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