Fremde Federn || Robert S. Wistrich – Ein Vergleich zwischen islamistischem Antisemitismus und dem schlimmsten Nazi-Deutschlands

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In Israel und Jüdische Welt on 9. November 2009 at 3:00 Die Berliner Synagoge nach der Reichspogromnacht

Berliner Synagoge nach der Reichspogromnacht.

Am 9. November 1938 fand ein massives landesweites antijüdisches Pogrom in Friedenszeiten auf dem gesamten Gebiet des Dritten Reiches statt.

Zum Vorwand für diese Orgie der Gewalt gegen Juden in Deutschland wurde das Ereignis, welches zwei Tage zuvor in Paris stattfand: Der deutsche Diplomat Ernst von Rath wurde durch Herschel Grünspan erschossen, einen 17-jährigen polnisch-jüdischen Flüchtling.

Das staatlich organisierte Pogrom, angezettelt von Hitler und Joseph Goebbels, führte zur Verbrennung oder Beschädigung von mehr als 1.000 Synagogen, Plünderung von über 7.500 Unternehmen, Ermordung von mindestens 91 Juden und Deportation von weiteren 30.000 jüdischen Männern in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen.

Dieser mörderische Angriff auf das deutsche Judentum, von den Nazis zynisch als „Kristallnacht“ bezeichnet, wurde als ein wichtiger Wendepunkt auf dem Weg zur „Endlösung“ der sogenannten Judenfrage beschrieben.

Es bedeutete, dass das NS-Regime den Rubikon überschritten hatte und nicht mehr von der westlichen öffentlichen Meinung in seinem „Krieg gegen die Juden“ abgehalten werden konnte.

Die wirtschaftliche Enteignung der Juden in Deutschland, ihre vollständige gesellschaftliche Ächtung und öffentliche Demütigung folgte rasch darauf. Juden wurden von den öffentlichen Verkehrsmitteln, von Konzerten, Theatern, Kinos, Einkaufszentren, Stränden oder von öffentlichen Bänken verbannt.

Nur zwei Wochen nach der „Kristallnacht“ prophezeite die SS-Zeitschrift Das Schwarze Korps in erschreckender Weise das endgültige Ende des deutschen Judentums durch „Feuer und Schwert“ und seine bevorstehende völlige Vernichtung.

Heute und schwer nachzuempfinden ist das Schreckgespenst eines solchen apokalyptischen Antisemitismus zurückgekehrt, suchte Europa und andere Kontinente heim und hat oft radikal neue Formen angenommen.

Im Nahen Osten hat es eine besonders gefährliche, giftige und potenziell völkermordartige Aura des Hasses angenommen, die eng mit der „Mission“ des Heiligen Krieges oder Jihad gegen den Westen und die Juden verbunden ist.

Islamistischer Antisemitismus ist tief in vielen entzündlichen Themen verwurzelt, die zunächst die Gräueltaten der Kristallnacht und dessen schreckliche Folgen während des Holocaust möglich machten:

Zum Beispiel die allgemeine Verwendung der Protokolle der Weisen von Zion mit ihrem kontinuierlichen Topos der „jüdischen Weltverschwörung“ oder die mittelalterliche Ritualmordanklage der muslimischen Welt, die aus dem christlichen Europa eingeführt wurde, oder die abscheulichen stereotypen Bilder von Juden als heimtückische, habgierige und blutrünstige Menschen, die in einer stätigen Verschwörungsmentalität die Welt des Islam untergraben wollen.

Zu diesen grotesken Erfindungen muss man die aktuellen Verleumdungen wie die Leugnung des Holocaust hinzufügen, die zu einem staatlich geförderten Projekt im Iran Ahmadinedschads wurden und immer allgegenwärtig in der arabischen Welt sind.

Ebenso populär (und immer beliebter in Europa) ist die verleumderische Gleichsetzung Israels mit dem Nationalsozialismus oder der „ethnischen Säuberung Palästinas“. Diese neu aufgelegte Version des invertierten Antisemitismus, unter der Maske des „Antizionismus“ und Anti-Amerikanismus, ist heute ein globales Phänomen, aber sie hat eine besondere Resonanz im Nahen Osten als Folge der ungelösten „Palästinenserfrage“.

Das Ausmaß des Extremismus in Literatur und Kommentaren in arabischen oder muslimischen Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen, Karikaturen, sowie auf islamistischen Webseiten, in den nahöstlichen Radio- und TV-Nachrichten, in Dokumentationen, Filmen und Lernmaterialien, ist vergleichbar mit denen in Nazi-Deutschland, fast noch schlimmer.

Doch die westliche Welt schließt ihre Augen vor den voraussichtlichen Folgen eines Völkermords einer solchen Kultur des Hasses, so wie sie es schon vor 70 Jahren getan hatte. Meine eigene umfassende Erforschung dieses Phänomens hat mich leider davon überzeugt, dass nach dem Holocaust der Antisemitismus nicht wirklich bekämpft werden konnte.

In einer düsteren und zuweilen abwegigen Art und Weise hat die weit verbreitete Diffamierung und Dämonisierung Israels Phantasien zur Vollendung des mörderischen Projekts des Dritten Reiches wiedererweckt. Dies ist besonders spürbar im Fall des Iran. Daher wirft der Jahrestag der Kristallnacht zwei grundlegende moralische Fragen für die Zukunft der menschlichen Zivilisation auf. Sind wir überhaupt in der Lage, Lehren aus der Geschichte zu ziehen und wird das jüdische Volk wieder einmal allein im Angesicht der konkreten Bedrohungen stehen, die sie zu vernichten versuchen? Von der Antwort auf diese Fragen kann sehr viel abhängen.

Prof. Robert S. Wistrich ist der Direktor des Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism an der Hebräischen Universität von Jerusalem (http://sicsa.huji.ac.il /) und der Autor von A Lethal Obsession: Anti-Semitism from Antiquity to the Global Jihad (Random House, Januar 2010).

Zuerst veröffentlicht von der israelischen Tageszeitung Haaretz unter dem Titel Comparing Islamic anti-Semitism to Nazi Germany at its worst und ins Deutsche übersetzt von Lukas Lehmann

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Robert S. Wistrich


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