Chava Gurion: Besetzungen – Über Judäa und Samaria.

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Menschlicher Geist eignet sich hervorragend für Besetzungen und Selbstbesetzungen mit verschiedenen Denkmustern. So beschäftigen uns auch die unterschiedlichen Narrative über Nahost ständig, um diverse palästinensische Geschichtsklitterungen aufzuzeigen. Diese wurden schon oft und ausreichend erläutert. Die Fundamentalisten der großen, arabisch-islamischen und iranisch-islamischen Welt bezeichnen zwar einerseits die UNO bis heute als „unmaßgebliches Gremium“, was den Teilungsplan für das ehemalige Mandatspalästina von 1947 betrifft, und sprechen ihr grundsätzlich das Recht ab „ein Land zu teilen“. Andererseits benützen sie als Vertreter der Mitgliedsstaaten gerade dieses Gremium, um alle anderen weltpolitischen Ereignisse und Probleme in zunehmendem Maße zu beurteilen, in ihrem Sinne zu beeinflussen und zu entscheiden. Man könne es als Selbstbesetzung mit einäugigen Denkmustern bezeichnen, wenn kein europäischer und/oder globaler Geist etwas Seltsames daran findet, dass von islamischen Fundamentalisten wie auch westdemokratischen Palästinenserfreunden insbesondere die Einhaltung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gebetsmühlenartig und höchst einseitig von Israel gefordert wird, während bei ihnen die UN-Gesamtorganisation für unzuständig schon in den Grundlagen zur Problemlösung für Nahost gilt. Die von solchen geistigen Besetzungen keineswegs freien Friedensfreunde mokieren sich ausschließlich über „israelische Besetzungen“ und niemand findet es komisch.

Umstritten, nicht besetzt

Judäa und Samaria werden heute allgemein als „Westjordanland“ bezeichnet. Ein Name, den das Königreich Jordanien der Region gab und der eigentlich auch die palästinensische Wahrnehmung leidig an die tatsächliche Okkupation durch Jordanien von 1948-1967 erinnern könnte. Wie schon der stellvertretende Außenminister Israels, Danny Ayalon, im Wallstreet Journal näher und überzeugend ausführte (http://online.wsj.com/article/SB10001424052748704103104574623662661962226.html ), können Judäa und Samaria rein rechtlich nicht als „besetzt“ gelten. In diesem Land existierte kein „besetzbarer“, anerkannter, souveräner Staat, bevor die Region von Israel in seinem Verteidigungskrieg von 1967 eingenommen wurde, als seine arabischen Nachbarstaaten Ägypten, Jordanien und Syrien es erneut zerstören wollten. Jerusalem wurde in seiner langen Geschichte von keiner anderen Nation als der jüdischen zur Hauptstadt gemacht, obwohl es für Jahrhunderte unter islamischer Herrschaft stand. Es spricht also einiges für eine unangemessene, einseitige Parteinahme der (sonst für die arabisch-islamische Seite „unmaßgeblichen“) UNO zugunsten der Palästinenser, wenn in deren Resolutionen dennoch von „israelisch besetzten Gebieten“ die Rede ist. So kann leider die Wahrnehmung vorherrschen, Israel habe Land durch „Besetzung“ gestohlen und nur die palästinensische Seite habe legale, nationale und historische Ansprüche darauf, was sowohl sachlich wie moralisch völlig falsch ist.

Operatives Missverständnis

Basis aller oft polemisch gegen Israel missbrauchten Argumente ist die viel zitierte Resolution Nr. 242 des UN-Sicherheitsrates vom 22. November 1967. Internationale Politiker, freiberufliche wie laienhafte Friedensbemühte, vor allem aber die Palästinenser selbst, missverstehen diese gründlich, wenn sie meinen, Israel müsse alle „besetzten Gebiete“ bis zur bekannten „Grünen Linie“ des Waffenstillstandsabkommens von 1949 räumen. Resolution Nr. 242 fordert lediglich „Frieden in sicheren und anerkannten Grenzen“, vermerkt aber nirgendwo, wo diese Grenzen liegen sollen. Ähnliches gilt für die Resolution 338 des UN-Sicherheitsrates vom 22. Oktober 1973. Von einigen Mitverfassern der beiden Resolutionsentwürfe[1] wurde nachträglich erklärt, dass beide auf zwei Prinzipien beruhten: Israel solle die Territorien verwalten, bis seine arabischen Nachbarn Frieden schließen, und nach dem Friedensschluss solle sich Israel „auf sichere und anerkannte Grenzen“ zurückziehen, „welche nicht dieselben sein müssen wie die Waffenstillstandslinien von 1949.“ Ebenso führten die Genannten aus, dass es falsch gewesen wäre, von Israel den Rückzug auf die Positionen vom 4. Juni 1967 zu fordern, da diese unerwünscht und künstlich seien, und dass die Resolution von einem Rückzug aus besetzten Gebieten spräche, ohne das Ausmaß des Rückzugs zu definieren. Dies würde weniger als einen kompletten Rückzug aus allen besetzten Gebieten umfassen, da sich Israels frühere Grenzen als beachtlich unsicher erwiesen hätten. Sogar der sowjetische UN-Delegierte Vasily Kuznetsov[2], der gegen den Schlusstext gekämpft hatte, gab zu, dass die Resolution 242 Israel das Recht gebe, seine Armeen nur auf jene Linien zurückzuziehen, die es für angemessen erachte.

Die Grüne Linie

Es war Jordanien, das im Waffenstillstandsabkommen von 1949 einforderte, die so genannte „Grüne Linie“ sei nicht als internationale Grenze anzuerkennen, sondern nur als Trennung von Armeen zu verstehen. Schließlich verlautete auch dieses Waffenstillstandsabkommen, es dürfe „in keiner Weise die Rechte, Forderungen und Positionen einer jeden Partei präjudizieren, […] die Bestimmungen dieses Abkommens wurden ausschließlich von militärischen Überlegungen diktiert.“ Damit deponierte Jordanien 1949 seinen theoretischen (Mit-)Anspruch auf das „Westjordanland“ bis zum Friedensschluss mit Israel 1994, was von Palästinensern geflissentlich übersehen wird. Ähnliche Ansprüche müssen aber auch für Israel gelten, insbesondere hinsichtlich der unbedingt sicher zu haltenden Grenzen und der seither erfolgten Gebietsentwicklung.

„Ausgesperrt und erniedrigt“

Israel hat sich im August 2005 in einem für das gesamte israelische Volk sehr schmerzvollen Prozess aus dem Gazastreifen einseitig zurückgezogen, um den Palästinensern zu ermöglichen, Anfänge für ihren souveränen Staat zu setzen und nachzuweisen, dass sie auf unbesetztem Gebiet in der Lage wären, ihre Vorstellungen davon zu verwirklichen. Das Ergebnis waren mörderische Kämpfe unter den verschiedenen palästinensischen Gruppierungen, die Machtübernahme durch die Hamas und Raketen wie Bomben auf Südisrael. Nach diesen Erfahrungen auch Judäa und Samaria zu räumen, wäre auch keinem anderen Staat der Welt zumutbar. Unter palästinensischer Anleitung fokussiert die Welt jedoch dort auf die „unmenschliche Mauer“ des „Apartheid-Staates“, also den trennenden Sicherheitszaun, der nur zu 3% aus Platzgründen eine Mauer aus reversiblen Betonfertigteilen ist. Als gäbe es sonst nirgendwo derart abgesicherte Grenzen, etwa zwischen Nordafrika und der EU, oder zwischen Indien und Pakistan, um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen. Tatsache ist, dass Infiltrationen und Terroranschläge auf die zivile Bevölkerung durch Selbstmordattentäter, die vorher nur aus Judäa und Samaria nach Israel eindrangen, seit der Errichtung des Zaunes erheblich eingeschränkt werden konnten. Das Leben sei für die Palästinenser schwierig und unwürdig, wird beklagt. Es gäbe „zu wenige Checkpoints“, die Passage über Umwege dauere viel zu lange, die „Menschen würden von ihrem Land getrennt“, von den Olivenhainen, von den Feldern.

Landwirtschaft ist keine Perspektive

Nun gilt für Judäa und Samaria langfristig auch, was Israel selbst bereits realisiert: Auf so kleinem und nur mit großem Aufwand ertragreich machbarem Raum ist Landwirtschaft allein keine Perspektive für eine erfolgreiche Ökonomie einer zudem noch stark wachsenden Bevölkerung. Daher müsste die Palästinensische Autonomie die sprudelnden Hilfsgelder aus aller Welt in die Ausbildung der Bevölkerung und zum Aufbau modernster Technologien einsetzen, statt sie religiösen Fanatikern und militanten Terrorgruppen für deren Aufrüstung zukommen zu lassen. Zwergstaaten Europas beweisen, dass man auch ohne landwirtschaftliche Ressourcen und mit friedlichen Mitteln politische wie ökonomische Souveränität erreichen kann. Auch Israels Wirtschaft ist längst nicht mehr die von der Ersten und Zweiten Aliyah (Einwanderung) ursprünglich angestrebte.

Übertriebene Sicherheitsansprüche?

Ja, aber „die Mauer“, die Checkpoints! Man kann doch nicht ein ganzes Volk wegen ein paar Terroristen wie in einem Gefängnis halten. Man könnte jetzt die Frage stellen, warum auch die arabischen Brüderstaaten Jordanien und Ägypten Palästinenser nicht ohne weiteres und nur über Checkpoints in ihre Länder lassen.

Oder etwas weiter in die Welt schauen.

In allen demokratischen Staaten, in denen die Menschenrechte hinsichtlich freiem Personen- und Warenverkehr, freiem Aufenthalt, Selbstbestimmung, freier Meinungsäußerung usw. gelten und hoch gehalten werden, gilt auch das Demonstrationsrecht, das aus Sicherheitsgründen diese demokratischen Rechte Einzelner, auch völlig Unbeteiligter und Unverdächtiger, punktuell aber massiv einschränkt. Bei Demonstrationen, aber auch bei Staatsbesuchen, werden ganze Plätze zu Sperrzonen erklärt, unbescholtene Bürger und Bürgerinnen an ihrem gewohnten Weg gehindert, von schwer bewaffneten Polizeikordonen hinter Absperrgitter gehalten. Dies alles nur auf den – in größter Mehrheit unbegründeten – Verdacht hin, sie könnten ihrem Protest oder ihrem Missmut über die Behinderung durch Werfen von Eiern, Tomaten oder gar Steinen auf ebenfalls Unbescholtene Ausdruck verleihen. Auch Millionen Fluggäste nehmen weltweit täglich in Kauf, ihre Metallgegenstände entweder in den Koffer zu packen oder vor dem Checkpoint öffentlich in eine Kiste zu legen, sich Röntgenstrahlen, Ganzkörperscannern oder Abtastungen auszusetzen, dafür stundenlange Eincheckzeiten einzuplanen. Ebenfalls aus Sicherheitsgründen, wegen „ein paar Terroristen“, deren Hintergrund bekanntlich großteils dem politischen Islamismus zuzuordnen ist. Auch das könnte man als „Besetzung“ verstehen, nämlich einer der freien Welt.


[1] A) Eugene V. Rostow, U.S. Undersecretary of State for Political Affairs in 1967 and a drafter of the resolution, stated in 1990: “Security Council Resolution 242 and (subsequent U.N. Security Council Resolution) 338… rest on two principles, Israel may administer the territory until its Arab neighbors make peace; and when peace is made, Israel should withdraw to “secure and recognized borders,” which need not be the same as the Armistice Demarcation Lines of 1949.” Zitiert nach Danny Ayalon, http://online.wsj.com/article/SB10001424052748704103104574623662661962226.html.

B) Lord Caradon, the British U.N. Ambassador at the time and the resolution’s main drafter who introduced it to the Council, said in 1974 unequivocally that, “It would have been wrong to demand that Israel return to its positions of June 4, 1967, because those positions were undesirable and artificial.” Ibid.

C) The U.S. ambassador to the U.N. at the time, former Supreme Court Justice Arthur Goldberg, made the issue even clearer when he stated in 1973 that, “the resolution speaks of withdrawal from occupied territories without defining the extent of withdrawal.” This would encompass “less than a complete withdrawal of Israeli forces from occupied territory, inasmuch as Israel’s prior frontiers had proven to be notably insecure.” Ibid.

[2]Ibid.

Chava Gurion: Besetzungen – Über Judäa und Samaria.

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