Auftritt des ehemaligen Iranischen Praesidenten Mohammad Khatami an der Universitaet Wien – Proteste und Reaktionen

  • 0

Stellungnahme der Israelitischen Kultusgemeinde

Herrn Rektor
O. Univ. Prof. Dr. Gerhard Winckler
Rektorat Büro A
Universität Wien
Dr. Karl Lueger-Ring 1

A- 1010 Wien

Wien, am 24. Oktober 2008

OFFENER BRIef

Magnifizenz,

Sehr geehrter Herr Rektor,

Mit großer Genugtuung haben wir in letzter Zeit die Aktivitäten der Universität Wien hinsichtlich der Aufarbeitung der moralischen Defizite der österreichischen Gesellschaft in ihre, Verhältnis zum Nationalsozialismus und der jüdischen Gemeinde – etwa hinsichtlich der noch offenen Frage der jüdischen Friedhöfe – zur Kenntnis genommen.

Bedauerlicherweise wollen nicht nur weitere gesellschaftliche Kreise in Österreich das Geschehene wieder vergessen und rufen nach einer Abschaffung des NS- Verbotsgesetzes, auch im Ausland gibt es Regime, die ganz offen dem Antisemitismus frönen und holocaustrevisionistische Konferenzen abhalten.

Dazu gehört der Iran.

Es befremdet uns daher sehr, dass die Universität Wien am kommenden Montag um 10:00 Uhr dem ehemaligen Präsidenten Khatami die Möglichkeit gegeben wird, zynischerweise in einer Vorlesungsreihe „Weltethos und Recht“ einen Vrotrag zu halten. Es ist bekannt, dass im Iran Angehörige sexueller Minderheiten hingerichtet und Frauen wegen Ehebriuchs gesteinigt werden. Khatami ist Vertreter eines Regimes, das nicht nur den Holocaust relativiert, sondern auch atomar aufrüstet und Vernichtungsdrohungen gegen den Staat Israel ausstößt, in dem sich 41% der jüdischen Weltbevölkerung befindet..NS- Gedenken und Appeasement gegenüber dem Iran lassen sich nicht miteinander verbinden.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Mag. Raimund Fastenbauer
Generalsekretär des Bundesverbandes der

Israelitischen Kultusgemeinden in Österreich

*****

Uni Wien weist Vorwürfe der IKG zu Khatami-Vortrag zurück
Utl.: Richard Polz vom zuständigen Institut: “Bin stark betroffen und ratlos” – “STOP THE BOMB” protestiert ebenfalls gegen Khatami-Einladung Wien (APA) –

Die Universität Wien hat am Freitag die Vorwürfe der Israelitischen Kultusgemeinde, mit dem iranischen Ex-Präsidenten Mohammed Khatami einen Vertreter eines “antisemitischen” Regimes als Gastredner eingeladen zu haben, zurückgewiesen. “Ich bin überrascht und kann die Vorwürfe der Israelitischen Kultusgemeinde so nicht nachvollziehen”, sagte Richard Potz vom rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Wien im Gespräch mit der APA. Khatami wird am Montag an der Universität zwei Vorträge im Rahmen der Vorlesungsreihe “Weltethos und Recht” halten. “Bei dieser Vorlesungsreihe sind Vertreter aller Religionen als Gastredner eingeladen, auch Willi Weisz von der Kultusgemeinde”, so Potz. Er sei stark betroffen und außerdem besonders ratlos, was die Vorwürfe im Zusammenhang mit seinem Institut betrifft. “Ich kenne Khatami seit den frühen 90er Jahren und habe den Kontakt immer gepflegt. Weil ich dachte, dass er als Gastredner in die Vorlesungsreihe passt, haben wir ihn eingeladen.” Zu den Anschuldigungen in einem offenen Brief der Kultusgemeinde vom Freitag, wonach Khatami ein Regime vertrete, das offen “dem Antisemitismus frönt”, meinte Potz: “Khatami vertritt nicht dieses Regime, zumindest sehe ich das so. Wegen meiner persönlichen Kenntnis halte ich diese Vorwürfe ihm gegenüber für unangebracht.” Man könne vielleicht dem jetzigen Präsidenten, Mahmoud Ahmadinejad, einiges vorwerfen, aber bei der Person Khatamis sehe er keinen Grund dazu.

Indes hat am Freitag auch die Organisation “STOP THE BOMB – Bündnis gegen das iranische Vernichtungsprogramm” gegen die Einladung Khatamis in einem offenen Brief an die Universität Wien protestiert. “So sehr ein Dialog zwischen Vertretern unterschiedlicher Ansichten begrüßenswert ist – er kann nicht mit Vertretern eines Regimes geführt werden, dass mit seinen Gegnern nicht das Gespräch sucht, sondern sie seit fast 30 Jahren verfolgt, foltert und ermordet”, heißt es in dem Brief an Rektor Georg Winckler. Ein universitäres Podium für Khatami trage zur Legitimation der terroristischen “Islamischen Republik Iran” bei. Der Vortrag solle abgesagt werden. Khatami wird am morgigen Samstag auch an den Feierlichkeiten zu “35 Jahren Dialoginitiative St. Gabriel” in Wien teilnehmen, bei der unter anderem Bundespräsident Heinz Fischer anwesend sein wird. Als er 1997 zum fünften Präsident der Islamischen Republik Iran gewählt wurde, galt er im Westen als Hoffnungsträger der Reformbewegung aus dem gemäßigten Lager. Doch der gute Wille, Reformen umzusetzen, scheiterte oft am politischen System der Islamischen Republik, in dem der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei das letzte Wort hat. Der “Wächterrat” billigt alle vom Parlament beschlossenen Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit dem islamischen Recht und schließt regelmäßig Kandidaten des gemäßigten Lagers von der Wahl aus. (Schluss) fpr/spu/vos APA0337 2008-10-24/12:42 241242 Okt 08

*****

Offener Brief von Stop the Bomb

Herrn Rektor O.Univ.-Prof. Dr.Georg Winckler
Rektorat Büro A
Universität Wien
Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
A-1010 Wien

OFFENER BRIEF

Sehr geehrter Herr Rektor Winckler,

mit Entsetzen haben wir zur Kenntnis genommen, dass der iranische Ex-Präsident Mohammad Khatami am Montag, den 27. Oktober im Kleinen Festsaal der Universität Wien sprechen wird.

Wir protestieren nachdrücklich gegen diese Hofierung des iranischen Ex-Präsidenten durch die wichtigste akademische Institution in Österreich. So notwendig der akademische Austausch ist – er darf nicht mit Vertretern einer Regimes betrieben werden, das jegliche akademische Freiheit in seinem Land missachtet. So sehr wir für das Recht auf freie Meinungsäußerung eintreten – es sollte Konsens sein, dass die Propagierung menschenverachtender Ideologien wie jene der “Islamischen Republik Iran” nicht unter dieses Recht fallen. So sehr ein Dialog zwischen Vertretern unterschiedlicher Ansichten begrüßenswert ist – er kann nicht mit Vertretern eines Regimes geführt werden, das mit seinen Gegnern nicht das Gespräch sucht, sondern sie seit fast 30 Jahren verfolgt, foltert und ermordet.

Ein universitäres Podium für den iranischen Ex-Präsidenten Khatami trägt zur Legitimation der terroristischen “Islamischen Republik Iran” bei. Ein Dialog mit Vertretern der iranischen Diktatur, egal zu welchem Flügel des Regimes die Gesprächspartner gehören, fällt der säkularen iranischen Opposition in den Rücken, die seit fast 30 Jahren gegen die Islamische Republik kämpft. Die Einbeziehung von Khatami in den akademischen Diskurs ist ein Schlag ins Gesicht der unabhängigen iranischen Studierendenbewegung, die auch unter der Präsidentschaft Khatamis blutiger Verfolgung ausgesetzt war.

Khatami verkörpert nicht die iranische Opposition, sondern einen Flügel der Islamischen Republik. Das geheime Atomprogramm des iranischen Regimes wurde auch unter der Präsidentschaft Khatamis betrieben. Der iranische Ex-Präsident rechtfertigt die Todesstrafe für Homosexualität, wie sie im iranischen Gesetzbuch festgeschrieben ist. Er nahm den französischen Holocaust-Leugner Roger Garaudy in Schutz, als dieser in Frankreich angeklagt wurde. Er bezeichnet den Zionismus regelmäßig als “Fortsetzung des Faschismus” und während seiner gesamten achtjährigen Amtszeit ging die iranische Unterstützung für die djihadistische Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon weiter, die Israel vernichten will.

Wir fordern die Universität Wien auf, den Vortrag von Mohammad Khatami abzusagen. Anstatt einem Vertreter der iranischen Diktatur ein Podium zu bieten, sollte die Universität Wien den Austausch mit jenen Wissenschaftlern forcieren, die vom iranischen Regime ins Exil getrieben wurden.

STOP THE BOMB – Bündnis gegen das iranische Vernichtungsprogramm

*****

Stellungnahme von Dr. HAva Bugajer, WIZO

An Professor Georg Winckler
Rektor
Universität Wien

Sehr geehrter Herr Professor Winckler,

Mit Bedauern habe ich aus den Nachrichten entnommen, dass Ayatollah Khatami, der frühere Präsident der islamischen Republik Iran, eingeladen wurde, am Montag in der kleinen Aula über „Weltethos“ zu sprechen.

Khatami wird gerne in Europa als „gemäßigter“ iranischer Politiker dargestellt. Auch wenn er eine gemäßigtere Sprache als der gegenwärtige Präsident Ahmedi Nejad benützt, ist er ein Teil der fundamentalistischen islamischen Republik und ein Vertreter dieser Werte. Er ist kein oppositioneller Politiker. Auch wenn er oft in seiner Sprache „gezähmter“ ist, vertritt er die gleichen fundamentalistischen Werte.

Zu seiner Amtszeit wurden Frauen im Iran diskriminiert auch wenn Khatami ihnen einiges mehr „zugestanden hat“. Diese Zugeständnisse waren nur bedingt und konnten bei mangelnder Kooperation mit der religiösen Diktatur jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Im Jahr 1997 meinte er, der größte „Fehler“, das der Westen begangen hat, die Emanzipation der Frauen war. Zur 60-jährigen Feier der Menschenrechtskonvention in der Pariser UNESCO, wurde auf die Wichtigkeit der Einhaltung der Rechte von Frauen sowie von diskriminierter Randruppen hingewiesen.

Khatami ist Teil eines verbrecherischen Regimes, das Israel aus der Weltkarte auslöschen will, den Holocaust verleugnet, Kinder exekutiert und andersgläubige zwar duldet (sie werden am Leben gelassen), nicht aber als Gleichberechtigt sieht. Khatami hat sich nie von diesem Regime distanziert. Im Gegenteil, er persönlich hat Israel als „ein Geschwür“ der Menschheit bezeichnet (2001) und die „Bestrafung“ von Homosexuellen und anderen „Bösen“ verteidigt.

Glauben Sie, dass diese Menschenrechtsverletzungen eine Qualifikation für ein Vortrag über Weltethos sind?

–Als Frau und Mitglied einer Organisation, der 200.000 Frauen auf der ganzen Welt angehören, protestiere ich gegen die Einladung von Khatami der für eine sexistische Frauensegregation steht,

–als Jüdin protestiere ich gegen Einladung einer Person die sich oft antisemitisch geäußert hat und Teil eines Holocaust verleugnenden Regime ist,

–als Kinderfachärztin protestiere ich gegen einem Mitglied einer Regierung dass Kinder exekutiert, und

–als ehemalige Mitarbeiterin der Universität Wien protestiere ich gegen die Entwürdigung dieser akademischen Institution durch diese Einladung.

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Dr. Hava Bugajer
Präsidentin WIZO (Women International Zionist Organisation)
Vize Präsidentin ECWF(European Council WIZO Federations)

*****

Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die zu den Unterstützerinnen von STOP THE BOMB gehört, kritisiert die österreichische Gesprächsbereitschaft mit dem iranischen Regime: „Ein Dialog mit politischen Kräften, die mit allen Mitteln die atomare Aufrüstung betreiben, um einen andren Staat zu ‚vernichten’, kann nicht als Dialog bezeichnet werden.“ Als Alternative fordert sie die Unterstützung der oppositionellen Kräfte: „Es stünde den österreichischen Regierenden besser an, Vertreter der iranischen Opposition zu begrüßen und zu ermutigen, aber die sitzen zumeist schon im Gefängnis, werden gefoltert und ermordet. So wird nun ein Scheinoppositioneller empfangen, der niemals etwas gegen die Bedrohung Israels durch den Iran unternommen, sich nie davon distanziert hat.“

Berichte über die Veranstaltung und die Proteste an der Universität Wien:

APA-OTS, Der Standard, Die Presse

Auftritt des ehemaligen Iranischen Praesidenten Mohammad Khatami an der Universitaet Wien – Proteste und Reaktionen

  • 0
AUTHOR

SPME

Scholars for Peace in the Middle East (SPME) is not-for-profit [501 (C) (3)], grass-roots community of scholars who have united to promote honest, fact-based, and civil discourse, especially in regard to Middle East issues. We believe that ethnic, national, and religious hatreds, including anti-Semitism and anti-Israelism, have no place in our institutions, disciplines, and communities. We employ academic means to address these issues.

Read More About SPME


Read all stories by SPME