Stephan Grigat: Wo bleibt die Unterstützung?

Wie die iranischen Studierenden im Stich gelassen werden.
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Die iranische Studierendenbewegung kann auf eine lange Geschichte zurück blicken. Der Widerstand gegen das Schah-Regime wurde maßgeblich von linken studentischen Organisationen mitgetragen. Nach der Tragödie der Linken, welche die Islamisten in der Revolution 1978/79 entweder unterschätzten oder gleich mit ihnen zusammenarbeiteten, bevor sie bald darauf allesamt ausgeschaltet wurden, kam auch die fortschrittliche iranische Studierendenbewegung zeitweise zum Erliegen. Doch seit den 1990er Jahren waren es abermals die Universitäten, die sich als einer der Unruheherde in der “Islamischen Republik“ erwiesen.

In den 1960er Jahren gingen in fast allen westeuropäischen Großstädten die in der Confederation of Iranian Student National Union vereinigten iranischen Studenten und Studentinnen mit ihren linken europäischen Kollegen auf die Straße, um gegen den Schah zu protestieren. Bei den Staatsbesuchen des iranischen Präsidenten Khatamie in Berlin und Wien im Jahr 2000 fand sich jedoch kaum jemand bereit, dagegen zu protestieren. Auch in studentischen Publikationen stand damals, dass es sich bei Khatamie um einen “liberalen Reformer“ handle. Geflissentlich wurde übersehen, dass etwa ein Jahr vorher unter der Regentschaft dieses “liberalen Reformers“ die Studierendenbewegung im Iran zum wiederholten Male blutig niedergeschlagen wurde. Viele Studenten wurden ermordet, tausende inhaftiert. Seit der Niederschlagung der Bewegung vom Sommer 1999 kommt es jährlich im Juli zu Protestaktionen im Iran, denen regelmäßig mit äußerster Repression begegnet wird. Auch gegenwärtig sitzen zahlreiche studentische Aktivisten in den Foltergefängnissen des Regimes, nachdem sie in den letzten Monaten verhaftet und zum Teil zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind.

Als Präsident Ahmadinejad 2006 bei einer Rede über Holocaust und Atompolitik fabulierte, beschimpften Studenten ihn als Lügner und verlangten lautstark ein “Ende der Diktatur“, dabei skandierten sie Slogans wie “Lass Palästina in Ruhe und denke an uns!“. Die Studierenden im Exil sprechen eine noch deutlichere Sprache. Das Student Movement Coordination Comittee for Democracy in Iran verurteilte in einem Aufruf gegen den Al-Quds-Tag (der Jerusalem-Tag, an dem die iranische Führung seit fast 30 Jahren zur Vernichtung Israels aufruft) die “Instrumentalisierung der palästinensischen Bevölkerung seitens des gegenwärtigen iranischen Regimes“ und spricht sich für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten aus. In derselben Erklärung räumte das SMCCDI mit allen Illusionen hinsichtlich einer Reformierbarkeit der iranischen Diktatur auf und stellte klar, “dass das Ende der Gewalt (…) vom völligen Verschwinden (…) des Regimes der Islamischen Republik abhängt“.

Auffälligerweise erhalten die iranischen Studierenden in ihrem Kampf kaum Unterstützung von Studentenvereinigungen im Westen. Sie hätten sie bitter notwendig, und viele von ihnen empfinden das Ausbleiben dieser Unterstützung als Verrat ihrer europäischen Kollegen und Kolleginnen an jener Freiheit, von der schon die iranischen Frauen, die 1979 zu Zehntausenden gegen die Einführung der Zwangsverschleierung protestiert hatten, wussten: “Emanzipation ist nicht westlich oder östlich, sondern universal“.

Lesetipp:
Stephan Grigat & Simone Dinah Hartmann (Hg.): Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer. Studienverlag, Innsbruck, Wien, Bozen, 2008, 292 Seiten, € 29,90
http://www.studienverlag.at/titel.php3?TITNR=4599

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