Iran: US-iranischer-Dialog ohne Annäherung

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Iranische und US-amerikanische Diplomaten haben erstmals nach 28 Jahren offizielle Gespräche in Bagdad aufgenommen. Auch wenn keine Annäherung stattfindet: Gespräche zwischen Rivalen können auch dazu führen, dass die Differenzen transparenter werden.

Iranische Geiselpolitik

Das iranische Regime hat im Vorfeld der Gespräche ein deutliches Signal gegeben, dass ein Dialog nicht Friede, Freude, Eierkuchen heißen müsse, was mit der altbekannten Tradition der islamistischen Politik der Geiselnahme korrespondierte: Vier US-amerikanisch-iranische Wissenschaftler, die sich im Iran aufhielten, wurden unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet: Hale Esfandiari, Parnaz Azima, Kian Tajbakhsh und Ali Shakeri. Die willkürlichen Verhaftungen zeigen, dass das iranische Regime mitnichten an eine Normalisierung der Beziehungen zu den USA auch nur denkt.

Nur Revolutionsgardisten können verhandeln

Ursprünglich sollte sich Dr. Mohammad Javad Zarif, iranischer UN-Botschafter, mit Ryan Crocker, dem US-Botschafter in Bagdad treffen. Schließlich entschieden sich Präsident Ahmadinejad und der Revolutionsführer Ali Khamenei für einen anderen Kandidaten. Hassan Kazemi-Qomi, Geheimdienstler und Mitglied der Al-Quds-Einheiten der Revolutionsgarden und gegenwärtiger Botschafter in Bagdad, der Verhandlungen schließlich führte..

Die ursprüngliche Idee, Zarif als Kopf einer Verhandlungsdelegation nach Bagdad zu schicken, stammte von Dr. Ali Larijani, Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates. Der Physiker Dr. Larijani gilt als ein Befürworter der Verbesserung der Beziehungen zu den USA. Daher intervenierte Genereal Morteza Rezaie, Mitarbeiter der Geheimdienstabteilung der Revolutionsgarden, Zarif und Larijani würden die Interessen des Landes zu weich vertreten und seien daher keine geeigneten Kandidaten.

Was wurde ausgeblendet und was diskutiert?

Ausgeblendet waren Themen wie das iranische Atomprogramm, die im Irak verhafteten iranischen Agenten, die militante Aufständische im Irak unterstützt haben und die im Iran in Haft sitzenden iranisch-amerikanischen Wissenschaftler.

Während der US-amerikanische Botschafter, Ryan Crocker, das iranische Regime aufforderte die Bewaffnung und Finanzierung der militanten Aufständischen im Irak endlich zu unterbinden, sagte der iranische Botschafter höhnisch: „Wir nehmen die amerikanischen Vorwürfe nicht ernst.” Dabei haben Terroristen der „Mahdi Armee” selbst zugegeben, Waffen von iranischen Pasdaran, Revolutionsgarden, erhalten zu haben.

Der iranische Delegationsleiter forderte die Ausweisung der oppositionellen Volksmujahedin aus dem Irak, hat aber auch angekündigt, dass der Iran bald Strom und Benzin nach Irak exportieren, den Tourismus ausbauen und neue Fluglinien nach Irak einrichten wolle. Insbesondere beabsichtige der Iran, die Sicherheitsprobleme des Iraks zu lösen. Ausgerechnet das iranische Regime, das den sofortigen Abzug der westlichen Armeen aus dem Irak fordert, will im Irak Militärhilfe leisten, um die „Sicherheit des Landes zu gewähren”.

Gemeinsame Interessen minus Demokratisierung

Der reformislamistische Intellektuelle, Mashalla Schamsolwaezin, schrieb, dass vor dem Hintergrund, dass der „Iran von manchen arabischen Staaten und von den Besatzern in den USA als eine destruktive Macht betrachtet werde, der Iran lediglich das Ziel verfolge, die Amerikaner an ihre Aufgaben im Irak zu erinnern.” Er schreibt, dass „Amerika mit dem Irakkrieg ursprünglich die Ziele verfolgt habe, einen Broader Middle East zu etablieren, die Demokratisierung der politischen Systeme des Mittleren Ostens voranzutreiben, den Frieden zwischen den Arabern und Israel herzustellen sowie die strategischen US-Interessen im Mittleren Osten zu institutionalisieren.

Nach der dreijährigen Krise im Irak ist Amerika jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass die ursprünglich gesetzten politischen Ziele modifiziert werden müssen. Inzwischen sind die Ziele minimiert worden. Es geht lediglich noch um die Stabilisierung der irakischen Regierung, den Zeitplan des Rückzugs der militärischen Kräfte aus dem Irak und den Schutz der politischen und territorialen Einheit des Irak.

Diese Minimalziele widersprechen nicht den iranischen Interessen.” Shamsolwaezin zufolge habe ein Dialog nur Zukunft, wenn beide Seiten den „jeweiligen Machtbereich auch respektieren.” Er ist zudem der Meinung, dass eine iranisch-amerikanische Annäherung insbesondere „Israel schaden werde”. Die reformislamistische Losung verlangt demnach von den USA eine Kapitulation vor der Diktatur und eine Entsolidarisierung von Israel.

Keine gemeinsamen Interessen und kein Dialog

Hussein Schariatmadari, Herausgeber der Zeitung Kayhan, die als ein Sprachrohr des Revolutionsführers Ali Khamenei gilt, sagte: „Was sich bei dieser Begegnung ereignet hat, war lediglich die Bekanntgabe der jeweiligen Positionen. Wir haben im Irak keine gemeinsamen Interessen mit Amerika.” Wie der Revolutionsführer Ali Khamenei betont habe, widerspreche ein Dialog mit den USA der iranischen Politik. Die iranische Regierung sei lediglich ihrer Pflicht nachgekommen habe die US-Regierung gewarnt.

Indessen hat sich Moqtada Sadr, schiitisch-irakischer Kleriker und Chef der „Mahi-Armee” gegen einen iranisch-amerikanischen Konsens ausgesprochen, obwohl er sich lange im Iran aufgehalten hat. Er kritisierte die iranische Regierung, denn diese wolle „nicht wirklich, dass die Amerikaner den Irak verlassen.” Ein Dialog mit Vertretern der US-amerikanischen Regierung würde nur eine „Kapitulation” bedeuten.

Im übrigen forderte Ayatollah Jannati am Freitag in seinem Freitagsgebet, den Abzug der Amerikaner aus dem Irak mit folgender Begründung: „Ihr seid verantwortlich für jede Explosion, für die Unsicherheit und Verfall im Irak. Verlassen Sie Irak, damit Irak sicherer wird. Wenn ihr verlasst, werden wir den Irakern auch helfen.” Er betonte, dass die Feindschaft zwischen Iran und den USA geblieben sei.

Chicken-Strategie

Bezeichnenderweise geht Hassan Abbasi, einer der Theoretiker der revolutionären Garden davon aus, dass ein „Konfrontationskurs als Chicken-Strategie” nicht mehr zu vermeiden sei. Die Situation ähnele den Spielen der amerikanischen Jugendlichen, zwei PKWs rasen aufeinander zu, bis eine Seite Angst bekommt und umlenke.

Tatsächlich genießt das iranische Regime immer noch einen erheblichen europäischen Vertrauenskredit. Dies haben die Atomgespräche zwischen dem iranischen Unterhändler Ali Larijani und dem Chefdiplomaten Javier Solana erneut bewiesen. Zwar wurden keine konkreten Ergebnisse erzielt und Solana ist der Meinung, dass je mehr Zeit vergehe, desto komplizierter eine Einigung werde.

Aber die bittere Ironie der Geschichte könnte doch sein, dass das iranische Regime gerne lange diskutiert, um Zeit zu gewinnen. Denn nur so könnte bald der „point of no return” erreicht werden. Die iranische Regierung scheint nicht umlenken zu wollen, zumal Präsident Ahmadienjad die Vereinigten Staaten mit einer Batterie vergleicht, die bald leer sein wird.

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