Antisemitismus – „Parallelen zum 19. Jahrhundert”

Interview mit Stefanie Schüler-Springorum (Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin)
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Stefanie Schüler-Springorum leitet seit kurzem das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin. Ihr Vorgänger sorgte für Aufsehen, weil er den Israel-Hass mit Islamfeindlichkeit verglich. Im Interview erklärt sie, wie sie zu der Sache steht.

Frau Schüler-Springorum, Sie sagten neulich, sie wollten „Wissenschaft mit einem politischen Impetus“ betreiben. Was heißt das?

Stefanie Schüler-Springorum: Die Aufgabe des Zentrums ist eine doppelte, nämlich, Wissenschaft zu betreiben und in die Öffentlichkeit zu wirken. Und das hat im Falle von Antisemitismus immer auch mit Politik zu tun. Das ist anders, wenn man etwa mittelalterliche Geschichte erforscht.

Ihr Institut hat Schlagzeilen gemacht hat. Der Vergleich von Antisemitismus und Islamfeindschaft hat eine heftige Kontroverse ausgelöst. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Schüler-Springorum: Man kann Antisemitismus und Islamfeindschaft miteinander vergleichen, weil dann ja auch die Unterschiede deutlich werden. Und ich sehe durchaus Parallelen zwischen der heutigen Situation und der Situation im frühen 19. Jahrhundert, also der Emanzipationszeit. Andere Kollegen sagen, es gäbe diese Parallelen auch im späten 19. Jahrhundert. Dieser Disput ist Grund genug, das historisch zu erforschen, also der Frage nachzugehen, wann welche Gruppen mit welchen Argumenten ausgegrenzt werden.

Gibt es unter den Mitarbeitern Ihres Hauses da einen Konsens?

Schüler-Springorum: Hier im Haus werden durchaus unterschiedliche Akzente gesetzt. Ich gebe da auch keine Sprachregelung vor. Die Fokussierung auf die Frage, ob man vergleichen kann, finde ich extrem unproduktiv. Es liegt auf der Hand, dass heutiger Antisemitismus und heutige Islamfeindlichkeit relativ wenig miteinander zu tun haben, weil es um völlig unterschiedliche historische Phänomene geht. Aber wenn man sich die Wurzeln anschaut, kann man Ähnlichkeiten sehen – etwa die Ausgrenzung einer fremden Religion und die Betonung der christlich-abendländischen Werte, die ja erst seit neuestem um das Wort „jüdisch“ ergänzt werden. Zum Artikel

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